BGH Urteil vom 8. März 2023, herausgegeben am 22.5.2023, Az. 1 StR 188/22.
Leitsätze
1. Für die Abgrenzung von sog. scheinselbständigen Rechtsanwälten und freien Mitarbeitern einer Rechtsanwaltskanzlei ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung maßgebend; soweit die Kriterien der Weisungsgebundenheit und Eingliederung wegen der Eigenart der Anwaltstätigkeit im Einzelfall an Trennschärfe und Aussagekraft verlieren, ist vornehmlich auf das eigene Unternehmerrisiko und die Art der vereinbarten Vergütung abzustellen.
2. Beitragszahlungen von Schwarzarbeitern und illegal Beschäftigten aufgrund einer mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung lassen nicht schon die Tatbestandsmäßigkeit des § 266a Abs. 1 und 2 StGB entfallen, sondern sind erst auf der Ebene der Strafzumessung zu berücksichtigen.
Sachverhalt
Ein Rechtsanwalt in Traunstein schloss mit zwölf seiner Kollegen einen Vertrag zur freien Mitarbeit. Sie arbeiteten 40-60 Stunden pro Woche für ihn, bekamen von ihm die Mandate zugewiesen und nutzen seine kanzleiinterne Infrastruktur. Er zahlte ihnen ein festes Gehalt. Großteils wurde in einer Zusatzvereinbarung geregelt, dass eigene Mandate der Vertragspartner außerhalb der Kanzlei seiner Zustimmung bedurften. Nach den Feststellungen des Landgerichts Traunstein blieb er den Sozialversicherungsträgern von Februar 2013 – Dezember 2017 in 189 Fällen insgesamt Beiträge in Höhe von rund 120.000 Euro schuldig. Er wurde deshalb wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung und einer Gesamtgeldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 200 Euro verurteilt. Die einbehaltenen Beiträge wurden eingezogen. Sowohl der Rechtsanwalt als auch die Staatsanwaltschaft erhoben Revision zum Bundesgerichtshof – teilweise erfolgreich.
Empfehlung
Das Urteil umfasst mit Urteilsbegründung 25 Seiten. Wer sich in der Nähe der Probleme befindet, wird die Entscheidung studieren. Für die anderen werden die Leitsätze ausreichen.
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