Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 20.12.2021, Az. - 2-13 S 135/20 -

Leitsatz
Ein Wohnungseigentümer kann auf dem Dach seiner Garage eine Solaranlage errichten, wenn dadurch der Gesamteindruck der Anlage nicht erheblich optisch verändert wird. In diesem Fall liegt keine Benachteiligung anderer Wohnungseigentümer im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG vor. 

Der Fall, wie ihn das Gericht schildert

Ein Wohnungseigentümer in Hessen brachte auf dem Dach seiner Garage eine Solaranlage an. Ein anderer Wohnungseigentümer sah darin eine optische Beeinträchtigung der Anlage und klagte auf Entfernung der Solaranlage. Das Amtsgericht Hanau gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung des Beklagten.

Rechtlich
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Entfernung der Solaranlage gemäß § 1004 BGB zu. Zwar handelt es sich um eine bauliche Veränderung. Jedoch besteht kein Nachteil im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG, so dass der Beklagte einen Anspruch auf Gestattung der Solaranlage gemäß § 20 Abs. 3 WEG hat.

Die Installation der Solaranlage auf dem Dach der Garage verändert nach dem Gesamteindruck optisch nicht erheblich. Nahezu das gesamte Dach auf der Seite, welche der Garage zugewandt ist, ist mit Solarplatten versehen. Die Platten auf dem Garagendach fügen sich optisch gut ein. Zudem ist auf dieser Seite des Hauses nur ein Fenster vorhanden, so dass aus dem Haus die Veränderung nur wenig sichtbar ist.

Anmerkungen

Vor einiigen Jahren hätte das Gericht vermutlich anders entschieden. Aber die Stimmung hat sich politisch verändert.

§ 1004 BGB, eine zentrale Norm des Nachbarrechts bekanntlich, bestimmt:

1§ 1004. 2Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch. (1) [1] Wird das Eigenthum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigenthümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. [2] Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigenthümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigenthümer zur Duldung verpflichtet ist.

§ 14 Abs. 1 n.F. legt fest:

(1) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet,

1. die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten und
2. das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, die den Vereinbarungen oder Beschlüssen entsprechen oder, wenn keine entsprechenden Vereinbarungen oder Beschlüsse bestehen, aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst.
(2) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber den übrigen Woh....

§ 20 neue Fassung (Bauliche Veränderungen) Abs. 3 bestimmt:

(3) Unbeschadet des Absatzes 2 kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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