Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.03.2023 Az. 26 W 1/23.
Leitsatz von uns mit den Worten des Gerichts
Verpflichtet sich ein Nachbar zum Heckenrückschnitt und kommt dieser der Verpflichtung nicht nach, kann gegen ihn kein Zwangsgeld (§ 888 ZPO) verhängt werden. Da der Rückschnitt nicht durch den Nachbarn persönlich vorgenommen werden muss, kann eine Ermächtigung zur Selbstausführung beantragt werden (§ 887 ZPO).
Der Fall
Die Parteien sind Nachbarn. Die Klägerin verpflichtete sich im Rahmen eines Vergleiches, die sich über die Länge der überdachten Terrasse der Beklagten ziehende Bepflanzung auf ihrer Seite auf eine Höhe von 2,50 m zu kürzen und auf dieser Höhe zu halten“. Die Beklagten rügen, dass die Klägerin ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen sei. Sie beantragten deshalb zur Erzwingung des Rückschnitts die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen die Klägerin, hilfsweise Zwangshaft. Das Landgericht war diesem Antrag nachgekommen und hatte ein Zwangsgeld i.H.v. 500 €, ersatzweise für den Fall fehlender Beitreibbarkeit einen Tag Zwangshaft verhängt. Die Klägerin legte Beschwerde ein.
Rechtlich - das OLG
Die Verhängung eines Zwangsgeldes zur Erzwingung der vergleichsweise übernommenen Verpflichtung ist rechtswidrig. Die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich bezieht sich nicht auf eine mittels Zwangsgeld durchsetzbare sog. nicht vertretbare Handlung. Der Rückschnitt der Bepflanzung muss nicht durch die Klägerin persönlich, er kann auch durch Dritte erfolgen. Damit liegt eine sog. vertretbare Handlung vor. Für die Beklagten ist rechtlich und wirtschaftlich ohne jede Relevanz, wer die Arbeiten vornimmt. Die Beklagten konnten folglich vor dem Landgericht beantragen, ermächtigt zu werden, die erforderlichen Maßnahmen - unter Einhaltung der naturschutzrechtlichen Grenzen - selbst zu ergreifen. Soweit für die Vornahme der Arbeiten das Betreten des Grundstücks der Klägerin erforderlich ist, kann auch eine entsprechende Duldungsverpflichtung mit ausgesprochen werden. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Anmerkungen
Unbeachtet ließ das OLG damit die immer wieder, wenn nicht gar häufig praktizierte Übung, dass der Hausverwalter eine Gärtnerei oder sonst jemanden einschaltet, mit denen er zu seinem eigenen Vorteil geschäftlich agiert. Diese Praxis haben wir in unserer Kanzleitätigkeit zur Genüge kennen gelernt.
§ 887 ZPO bestimmt
Vertretbare Handlungen
(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.
(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.
(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.
§ 888 ZPO
Nicht vertretbare Handlungen
(1) 1Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. 2Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. 3Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.
(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.
(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.
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