Bundesgerichtshof Urtei vom 26. Januar 2023, bekanntgegeben 29.3.2023, Az. I ZR 111/22. Hervorhebungen von uns. An erster Stelle wird der Nutzer an Rechtsmissbrauch denken. Wir geben deshalb ausführlicher die Begründung des BGH zum Fehlen eines Rechtsmissbrauchs wieder.

Leitsatz

Für die Klagebefugnis eines Verbands kommt es grundsätzlich nicht darauf an, über welche mitgliedschaftlichen Rechte dessen - mittelbare oder unmittelbare - Mitglieder verfügen. Wie bei mittelbaren Mitgliedern kommt es auch bei unmittelbaren Mitgliedern
auf deren Stimmberechtigung nur an, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ihre Mitgliedschaft allein bezweckt, dem Verband die Klagebefugnis zu verschaffen (Fortführung von BGH, Urteil vom 16. November 2006 - I ZR 218/03, GRUR 2007, 610 [juris Rn. 21] = WRP 2007, 778 - Sammelmitgliedschaft V).

Vorgeschichte

A. Das Berufungsgericht hat die Prozessführungsbefugnis des Klägers verneint und die Klage aus diesem Grund unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Beklagte habe zwar gegen die Preisangabenverordnung verstoßen.
Der Kläger erfülle aber bereits die Voraussetzungen der Prozessführungsbefugnis nicht
, weil mit Blick auf seine Mitgliederstruktur nicht angenommen werden könne, dass er imstande sei, die Mitgliederinteressen tatsächlich wahrzunehmen.
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden landgerichtlichen Urteils.

Aus der Begründung

I. Die Klage ist zulässig. Die Klagebefugnis des Klägers folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG in der bis zum 1. Dezember 2021 geltenden Fassung ...

II. Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen.

Nach § 8c Abs. 1 und 2 Nr.1 UWG nF (inhaltsgleich mit § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG aF) ist die Geltendmachung der in § 8 Abs. 1 UWG bezeichneten Ansprüche  auf Beseitigung und Unterlassung unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände rechtsmissbräuchlich ist. Eine missbräuchliche Geltendmachung ist im Zweifel anzunehmen, wenn die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen. Von einem Rechtsmissbrauch in diesem Sinne ist auszugehen, wenn sich der Gläubiger bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs von sachfremden Gesichtspunkten leiten lässt. Diese müssen jedoch nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele überwiegen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 21. Januar 2021 - I ZR 17/18, GRUR 2021, 752 [juris Rn. 38] = WRP 2021, 746 - Berechtigte Gegenabmahnung, mwN). ...

Der Senat kann auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen und des Vorbringens der Beklagten in der Berufungsbegründung selbst feststellen, dass dem Kläger nicht der Vorwurf einer rechtsmissbräuchlichen Rechtsverfolgung zu machen ist. ...

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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