BGH-Urteil vom 16.12.2022, Az. V ZR 144/21. Anmerkng von uns: Warnung vor Wiederkaufsrechten einer Gemeinde.

Der entscheidende Absatz des Urteils

Die Regelung über das Wiederkaufsrecht der Klägerin verstößt auch nicht deshalb gegen das Gebot der angemessenen Vertragsgestaltung, weil sie keine Ausnahmen für Härtefälle vorsieht. Eine Gemeinde ist auch bei der Ausübung ihrer vertraglichen Rechte an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden, weil sie als öffentliche Körperschaft den Grundsätzen des Verwaltungsprivatrechts unterliegt. Die Klägerin hatte daher im Wege einer Ermessensentscheidung zu prüfen, ob die Ausübung des Wiederkaufsrechts im Interesse der Sicherung des mit ihm verfolgten Zwecks geboten ist oder eine vermeidbare Härte darstellt. Umstände, die die Klägerin dazu veranlassen mussten, von der Ausübung des Wiederkaufsrechts abzusehen, sind vorliegend nicht festgestellt und auch nicht ersichtlich; der schlichte Zeitablauf seit dem Verstreichen der Bebauungsfrist reicht hierfür schon deshalb nicht aus, weil der Beklagte auch nach Fristablauf nicht gebaut hat.

Der Bundesgerichtshof konnte gleichwohl nicht in der Sache selbst entscheiden, denn das Berufungsgericht hat, aus seiner Sicht folgerichtig, bislang keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Geschäftsleiter der Klägerin, der die Ausübung des Wiederkaufsrechts erklärt hatte, zur Abgabe der Erklärung befugt war. Die Wirksamkeit der Erklärung ließ sich daher im Revisionsverfahren nicht abschließend beurteilen.

Anmerkung

Aus dem Sachverhalt:

Der Beklagte kaufte von der Klägerin, einer Marktgemeinde in Bayern, mit notariellem Vertrag vom 21. Januar 1994 ein Grundstück zu einem Preis von 59.472 DM. Dabei handelte es sich um einen marktgerechten Preis. Der Beklagte verpflichtete sich, auf dem Grundstück innerhalb von acht Jahren ab dem Tag des Kaufs ein bezugsfertiges Wohngebäude entsprechend den Festsetzungen
des Bebauungsplans zu erstellen (Ziff. XI. des Kaufvertrages). Für den Fall, dass das Wohngebäude nicht fristgemäß errichtet oder das Vertragsgrundstück ohne Zustimmung der Klägerin in unbebautem Zustand weiterveräußert wird, verpflichtete sich der Beklagte, das Eigentum an dem Grundstück der Klägerin auf Verlangen kosten- und lastenfrei zurück zu übertragen gegen Zahlung des ursprünglichen Kaufpreises, sonstiger gemäß der Vertragsurkunde bezahlter Beträge und nachweisbarer Kosten für die zwischenzeitlich erfolgten Erschließungsmaßnahmen. Zinsen sollten von der Klägerin in diesem Fall nicht zu entrichten sein
(Ziff. XII. des Kaufvertrages). Der Beklagte errichtete in der Folgezeit kein Wohnungsgebäude. Mit Schreiben vom 14.November 2014 teilte ihm die Klägerin mit, dass sie von ihrem Rückübertragungsrecht Gebrauch mache.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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