OLG Frankfurt a.M. Urteil vom 10.11.2022, Az. 6 U 104/22. Im Volltext wurde das Urteil noch nicht veröffentlicht.

Leitsatz mit den Worten der unvollständigen Vorveröffentlichungen

„Der Verbraucher geht bei der Bezeichnung „klimaneutral" grundsätzlich davon aus, dass grundsätzlich alle wesentlichen Emissionen des Unternehmens vermieden oder kompensiert werden. Eine Ausklammerung bestimmter Emissionsarten nimmt der Verbraucher nicht ohne Weiteres an.”

Rechtlich

„Die Bewerbung eines Unternehmens oder seiner Produkte mit einer vermeintlichen Klimaneutralität kann erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung haben. Es besteht daher eine Verpflichtung zur Aufklärung über grundlegende Umstände der von dem Unternehmen beanspruchten Klimaneutralität. Es müssen deshalb grundsätzlich alle wesentlichen Emissionen des Unternehmens vermieden oder kompensiert würden. Eine Ausklammerung bestimmter Emissionsarten - wie von der Antragsgegnerin im entschiedenen Fall vorgenommen - nimmt der Verbraucher nicht ohne Weiteres an. Werbung, welche diese Voraussetzungen nicht einhält, ist folglich intransparent und irreführend.” Vgl. dazu auch noch unten: § 5a Abs. 2 UWG.

Anmerkungen 

1. Als Emissionen wird oft kurz definiert:

„Emissionen sind eine der treibenden Kräfte der globalen Erwärmung. Es handelt sich dabei um Teilchen, Stoffe oder Strahlung, die in die Atmosphäre freigesetzt werden. Es gibt Emissionen aus der Natur wie beispielsweise Ruß aus Vulkanausbrüchen oder CO₂ aus Waldbränden. Und es gibt anthropogene Emissionen. Diese werden vom Menschen verursacht wie zum Beispiel Feinstaub, CO₂ und F-Gase aus Verkehr und Wärme- und Stromerzeugung oder Methan aus der Tierhaltung.”

2. Das Urteil rechtlich in einem (neu eingeführten und in der Pressemitteilung anscheinend nicht aufgeführten) wichtigen Paragrafen normiert, § 5a Abs. 2 UWG:

Irreführung durch Unterlassen
(1) Unlauter handelt auch, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält,

1. die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und
2. deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
(2) Als Vorenthalten gilt auch

1. das Verheimlichen wesentlicher Informationen,
2. die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise sowie
3. die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen.
(3) Bei der Beurteilung, ob wesentliche Informationen vorenthalten wurden, sind zu berücksichtigen: ...

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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