BGH Urteil vom 11.11.2022, Az. V ZR 213/21
Leitsatz nach den Worten der Pressemitteilung
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann weiterhin auch nach der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes die auf Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen. Darüber hinaus sind die Voraussetzungen für eine Haftung des Verkäufers eines Grundstücks wegen Altlasten bzw. eines Altlastenverdachts präzisiert worden.
Sachverhalt, wie ihn die Pressemitteilung wiedergibt
Die Klägerin ist eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Die Wohnungseigentumsanlage befindet sich auf einem in München belegenen Grundstück, das ursprünglich im Eigentum der Beklagten, einem Immobilienunternehmen, stand. Die Beklagte teilte das Grundstück mit dem bestehenden Gebäude im Jahr 2012 in Wohnungseigentum auf und begann mit dem Verkauf der Einheiten. Für den zunächst beabsichtigten Bau einer Tiefgarage ließ sie im Frühjahr 2013 die Böden des Innenhofs und der Außenflächen der Anlage untersuchen. Dabei wurde eine ehemalige Kiesgrube aufgefunden, deren aufgefüllte Böden, wie weitere Untersuchungen zeigten, unterschiedlich mit Schadstoffen belastet sind. Die Beklagte stoppte daraufhin zunächst den Verkauf und informierte die Stadt München. Behördlich angeordnete Untersuchungen des Oberbodens auf Altlasten ergaben Belastungen u.a. mit Benzo(a)pyren (BaP). In einer von der Beklagten in Auftrag gegebenen gutachterlichen Bewertung der Untersuchungsergebnisse wurde für den Innenhof ein Bodenaustausch bis zu einer Tiefe von 30 cm vorgeschlagen. Auf einen Austausch des tiefer liegenden Bodens könne wegen der geplanten Errichtung der Tiefgarage verzichtet werden. Maßnahmen im südlichen Außenbereich seien trotz der festgestellten Belastungen wegen einer möglichen Einzäunung der betroffenen Bereiche nicht erforderlich. Ab dem 29. Mai 2013 setzte die Beklagte den Verkauf der Wohnungen fort. In den Kaufverträgen wies sie auf eine allein den Innenhof betreffende Altlastenauskunft der Stadt München hin und verpflichtete sich zur Durchführung der für den Innenhof vorgeschlagenen Sicherungsmaßnahmen. Die Haftung für eine Altlastenfreiheit des Grundstücks außerhalb des Innenhofs wurde ausgeschlossen. In der Folgezeit tauschte die Beklagte den Oberboden des Innenhofes in einer Tiefe von 20 cm aus. Der Bau einer Tiefgarage erfolgte dagegen nicht. In zwei Eigentümerversammlungen im Mai 2014 und im Oktober 2015 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich die gerichtliche Geltendmachung möglicher Ansprüche wegen Altlasten im Innenhof und im südlichen Außenbereich.
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