Jüngste Sitzungen des Deutschen Presserats vom 6.-8.September 2022. Die documenta fifteen fand vom 18. Juni bis 25. September 2022 in Kassel statt und wurde vom indonesischen Künstler*innenkollektiv ruangrupa kuratiert.

Der Fall

TAGESSPIEGEL.DE erhielt eine Rüge für die falsche Zitierung eines Mitglieds der Documenta-Findungskommission. In der Titelzeile behauptete die Redaktion „Entscheiderin nannte Israel ‚Apartheidsstaat‘ - Der Antisemitismus-Skandal auf der Documenta war absehbar“.

Zwar hatte die Entscheiderin nach der im Beitrag verlinkten Quelle gesagt, sie habe „es als Schock empfunden, dass junge Menschen Angst hätten, das Wort Apartheid auch nur auszusprechen“. Den als Zitat wiedergegebenen Begriff hatte sie aber nicht verwendet, und ihre Aussage bezog sich auf Südafrika. Der Beschwerdeausschuss sah darin einen schweren Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex, weil die Redaktion der Documenta-Entscheiderin ein Zitat zugeschrieben hatte, das so nicht gefallen war.

Anmerkungen

Ziff. 2 des Pressekodex bestimmt:

Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen. Symbolfotos müssen als solche kenntlich sein oder erkennbar gemacht werden.”

Bedeutung einer Rüge, wie sie der Presserat an anderer Stelle definiert

„Die öffentliche Rüge ist die härteste Sanktion der Beschwerdeausschüsse. Sie muss von der Redaktion in einer ihrer nächsten Ausgaben veröffentlicht werden. Zum Schutz von Betroffenen kann die Rüge auch nicht-öffentlich ausgesprochen werden.

2021 erteilte der Presserat 60 Rügen gegenüber 53 Rügen im Vorjahr.

Die Statistik des Deutschen Presserats zur journalistischen Sorfaltspflicht 

Am häufigsten waren 2021 wie in den Vorjahren Beschwerden wegen möglicher Verstöße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex. Etwa jeder dritte zu prüfende Beitrag bezog sich auf dieses Thema, wobei eine Beschwerde auch anhand mehrerer Ziffern geprüft werden kann. Jeweils etwa neun Prozent der Beschwerden bezogen sich auf Ziffer 1 (Wahrhaftigkeit) und 8 (Persönlichkeitsschutz), gefolgt von Ziffer 12 (Diskriminierungen) mit sieben Prozent. Grundlage
für diese Berechnung sind die Beschwerden, für die der Presserat vollumfänglich zuständig war, ausgenommen wurden also Beschwerden gegen Rundfunkbeiträge, Anzeigenblätter Werbung.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
zertifizierte Datenschutzbeauftragte (DSB-TÜV)
Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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