OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 08.09.2022 - Az. 17 W 17/22, herausgegeben mit einer Pressemitteilung am 22.9.2022. Das Urteil beruht auf besonderen Umständen, die man als schwerwiegendes Mitverschulden oder Eigenverschulden der Verletzten bewerten kann, und die wir nachfolgend hervorheben. Vgl. bitte auch unsere Anmerkung am Ende,  

Leitsatz des Gerichts: Ein Grundstückseigentümer muss Zuweg zur Terrasse nicht gegen alle erdenklichen von dem Weg ausgehenden Risiken für die Nutzer ausgestalten.

Vorgeschichte bis zum Urteil 

Entlang der von der Antragstellerin gemieteten Garage verläuft auf dem Grundstück der Antragsgegnerin ein unbeleuchteter Steinweg, der über eine offene Tür von der Garage der Antragstellerin aus erreichbar ist. Über diesen Steinweg gelangt man zur Terrasse der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin behauptet, die Antragsgegnerin habe mit ihr reden wollen. Sie habe erstmals diesen Steinweg bei Dunkelheit genutzt, um zu der Antragsgegnerin zu gelangen. Auf dem Rückweg sei sie auf dem mit Blättern, Ästen und Moos bedeckten, regennassen und schmierigen Weg gestürzt. Dabei habe sie sich eine Scham-, Sitz- und Kreuzbeinfraktur zugezogen. Wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten beabsichtigt sie, die Antragsgegnerin auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,00 zu verklagen.

Ihren Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für diese Klage hatte das Landgericht zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.

Die rechtliche Meinung des OLG

Es ist nicht Aufgabe der Antragsgegnerin gewesen, den Zuweg zu der Terrasse ihres Wohnhauses völlig gefahrlos gegen alle erdenklichen von dem Weg ausgehenden Risiken für die Nutzer auszugestalten. Sie hat vielmehr nur die Gefahren beseitigen müssen, die für sorgfältige Nutzer nicht erkennbar gewesen sind, mit denen diese nicht rechnen müssten und auf die sie sich auch nicht einrichten können. Hier hat die Antragstellerin bei Dunkelheit einen für sie erkennbar nicht als eigentlichen Zugangsweg zu dem Wohnhaus gewidmeten Weg benutzt. Ihr ist der Weg nicht bekannt gewesen. Dass sie die Beschaffenheit des Weges nicht wahrgenommen hat, hat sie nicht behauptet. Die Antragsgegnerin hat angesichts dieser Umstände unterstellen können, dass sich ein sorgsamer Nutzer „eingedenk der Unübersichtlichkeit der Bodenbeschaffenheit mit angepasster, besonderer Sorgfalt bewegt“. Dass sie dies getan hat, hat die Antragstellerin nicht dargetan.

Anmerkung

Unter der Überschrift „Mitverschulden bei Verletzung der Verkehssicherungspflicht” kann man in den Kommentaren und Lehrbüchern reihenweise Beispiele mit Urteilen finden, die jegliche Haftung ausschließen. Diese Rechtsprechung kann vor allem nun in der kalten Jahreszeit Bedeutung gewinnen. 

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
zertifizierte Datenschutzbeauftragte (DSB-TÜV)
Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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