Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 11.07.2022,Az. 1 OWi 2 SsBs 39/22.
Nach den Worten des Gerichts: Eine Ge­schwindig­keits­überschreitung von 22 km/h ist nicht zwingend anhand äußerer Kriterien wahrnehmbar, so dass der Vorwurf des vorsätzlichen Ge­schwindig­keits­verstoßes im Zweifel nicht begründet werden kann.

Der Fall

Ein Autofahrer überschritt auf einer Autobahn die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 22 km/h. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit war aufgrund einer Baustelle herabgesetzt worden. Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 140 €. Der Betroffene legte eine Rechtsbeschwerde zum OLG Zweibrücken ein. Das Oberlandesgericht Zweibrücken entschied zu Gunsten des Betroffenen.  Begründung des OLG

a. Allerdings kann zwar bei einer Übertretung von mindestens 40 % [hier 37 %] davon ausgegangen werden, dass der Betroffene die Überschreitung als solche kennt. Bei einer solchen erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass der Fahrer anhand der Motorengeräusche, der sonstigen Fahrgeräusche, der Fahrzeugvibration und der Schnelligkeit der Änderung der Umgebung zuverlässig einzuschätzen weiß, dass er die erlaubte und ihm bekannte zulässige Höchstgeschwindigkeit wesentlich überschreitet. 

b. Eine vergleichsweise niedrige Übertretung von 22 km/h dagegen [war im entschiedenen Fall] nicht ohne weiteres erkennbar. Die sensorisch wahrnehmbaren Merkmale eines zu schnellen Fahrens fallen umso geringer aus, je geringer der Abstand zwischen zugelassener und tatsächlicher Geschwindigkeit ausfällt. So ist eine Differenz zwischen erlaubter 100 km/h und tatsächlich gefahrener 140 km/h für den Fahrer weit deutlicher erkennbar, als eine Differenz zwischen 60 km/h und 84 km/h, obwohl das relative Maß der Überschreitung jeweils gleich ist. Dies gilt erst recht innerhalb einer Baustelle, bei der aufgrund von Fahrbahnunebenheiten auch bei Einhaltung der erlaubten Geschwindigkeit regelmäßig mit höheren Fahrgeräuschen zu rechnen ist.

 

 

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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