Bundesgerichtshof Urteil vom 24.3.2022 „Schneidebretter", herausgegeben heute 11.5.2022, Az. I ZR 16/21.

Leitsätze

a) Die Auslegung eines Designs kann zu dem Ergebnis führen, dass Abweichungen der Wiedergaben bei der Bestimmung des Schutzgegenstands außer Betracht bleiben müssen und der Schutzgegenstand gleichsam aus der Schnittmenge der allen Darstellungen gemeinsamen Merkmale besteht (Bestätigung von BGH, Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 124/10, GRUR 2012, 1139 =
WRP 2012, 1540 - Weinkaraffe; Beschluss vom 20. Dezember 2018 - I ZB 25/18, BGHZ 220, 344 [juris Rn. 17] - Sporthelm; Beschluss vom 20. Dezember 2018 - I ZB 26/18, GRUR 2019, 835 [juris Rn. 31] = WRP 2019, 1032 - Sportbrille). Das gilt auch dann, wenn eine Darstellung Elemente enthält, die auf den anderen Darstellungen nicht zu sehen sind, so dass das in den anderen Darstellungen zu sehende Erzeugnis vollständig in der einen Darstellung enthalten ist.

b) Die Auslegung eines Designs kann ergeben, dass sich der Schutzgegenstand aus mehreren Gegenständen zusammensetzt, die nach der Verkehrsauffassung ein einheitliches Erzeugnis - ein sogenanntes Kombinationserzeugnis - bilden. Dies liegt insbesondere dann nahe, wenn die abgebildeten Einzelgegenstände ästhetisch aufeinander abgestimmt sind und miteinander in einem funktionalen Zusammenhang stehen (Bestätigung von BGH, GRUR 2012, 1139 [juris Rn. 32] - Weinkaraffe). Die Auslegung kann auch lediglich aufgrund einer dieser Eigenschaften - gegebenenfalls unter Einbeziehung weiterer Umstände - zur Annahme eines Kombinationserzeugnisses führen. Maßgeblich ist, welchen Schutzgegenstand die Fachkreise des betreffenden Sektors aus den Darstellungen und den weiteren aus dem Register ersichtlichen Informationen entnehmen.

c) Im Fall eines Kombinationserzeugnisses ist ein isolierter Schutz für die Komponenten des Kombinationserzeugnisses - ohne eine gesonderte Anmeldung - ausgeschlossen, weil das Designrecht keinen Schutz für Teile oder Elemente eines eingetragenen Designs kennt (Bestätigung von BGH, GRUR 2012, 1139 [juris Rn. 28 und 35 bis 40] - Weinkaraffe).

d) Führt die Auslegung nicht zu einem hinreichend klaren Ergebnis und bleibt offen, ob Schutz für einen Einzelgegenstand oder ein Kombinationserzeugnis beansprucht wird, geht die Unklarheit zu Lasten des Anmelders und ist das Desig nichtig.

Anmerkungen

a) Sie wissen: Das Markenrecht schützt den Namen und die Gestaltung der Marke; das Designrecht schützt dagegen die Gestaltung des Produkts selbst. In der Praxis kann sich ergeben, dass auf die Möglichkeit ausgewichen werden muss, die Gestaltung des Produkts selbst zu schützen. 

b) Das Berufungsgericht hatte ausgeführt: In der ersten Darstellung sei ein Schneidebrett mit Auffangschale, in der zweiten und dritten Darstellung dagegen ein Schneidebrett ohne Auffangschale wiedergegeben. Aus dem im Register angegebenen Erzeugnis "Schneidebretter" könne nicht geschlossen werden, dass die in der ersten Darstellung wiedergegebene Auffangschale nur - wie das auf dem Schneidebrett liegende Gemüse und die in der Auffangschale liegenden Abfälle - Beiwerk darstelle und nicht Teil der
Erscheinungsform sei.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
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