Bundesgerichtshof Urteil vom 5. April 2022, bekannt gegeben am 2.5.2022. Leitsatz:
Für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist in einer Gesamtschau dessen Gesamtcharakter zu ermitteln und das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkret Geschädigten
zugrunde zu legen. ...
Bei der demnach gebotenen Gesamtbetrachtung ist auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen das Verhalten der Beklagten gegenüber dem Kläger nicht als sittenwidrig zu beurteilen.
Anmerkungen - die normative Ausnahme
Aus den von uns seit dem Jahre 2000 auf unserer Website veröffentlichten Entscheidungen und Abhandlungen können Sie eine Reihe von Definitionen zum Begriff „gute Sitten" nachlesen. Zu diesem Begriff wie zu allen weiteren Begriffen haben wir dargelegt, dass die Definition normativ abgeändert werden muss, wenn die Auslegung des Begriffes verlangt, die Definition zu ändern. Die Entscheidung vom 5.April 2022 dokumentiert nun einen solchen Fall. Über unsere Suchfunktion können Sie mehrere Definitionen des Begriffes nachlesen. Der Streit um die Ist- und die normative Verkehrsauffasung wird oft bedeutungslos, wenn klar wird, dass im Einzelfall zwar die Ist-Verkehrsauffassung zugrunde zu legen, aufgrund der Definition nach den (bekannten) Auslegungskriterien die Definition jedoch normativ zu modifizieren ist. Wie gut dies möglich ist, veranschaulicht diese Entscheidung vom 5. April. Es ändert sich nichts daran, dass die Grundlage bleibt und damit - soweit grundsätzlich maßgeblich: die Ist-Verkehrsauffassung bleibt erheblich (nur eben normativ modifiziert). Dieses Ergebnis überrascht nicht, weil nach der von uns ermittelten Grundnorm grundsätzlich die Wirklichkeit erheblich ist, jedoch (begründete) Ausnahmen möglich sind.
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