Bundesgerichtshof Beschluss vom 9.2.2022, Az. XII ZB 378, 21.

Leitsatz, wortgetreu, wie ihn der BGH formuliert hat

Der erfolgreiche Abschluss des im Jahr 2020 von der BeckAkademie in Zusammenarbeit mit der Hochschule Neubrandenburg angebotenen reformierten Fernkurses „Hochschulzertifikatskurs Rechtliche Betreuung" ist mit einer Ausbildung
an einer Hochschule vergleichbar
und rechtfertigt eine Erhöhung des dem Berufsbetreuer zu vergütenden Stundensatzes nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 VBVG (Abgrenzung zu Senatsbeschluss vom 31. Mai 2017 - XII ZB 590/16 - NJW-RR 2017, 965).

Rechtliche Begründung des Beschlusses insbesondere:

Einer Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, die in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Gleichwertig ist eine Ausbildung nach ständiger Rechtsprechung des Senats, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines
Hochschulstudiums entspricht. Als Kriterien....

Nach § 1 Abs. 1 der Zulassungs- und Prüfungsordnung setzt die Zulassung zu dem Fernlehrgang nunmehr eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten einschlägigen Beruf mit mindestens dreijähriger Berufspraxis oder die aIIgemeine (Fach-)Hochschulreife voraus. Zudem ist gemäß § 1 Abs. 2 der Zulassungs- und Prüfungsordnung eine von der BeckAkademie Fernkurse in Kooperation mit der Hochschule Neubrandenburg erteilte Zulassungsentscheidung erforderlich. Auch der zeitliche Umfang der Ausbildung wurde erweitert und umfasst nun einen zeitlichen Aufwand von 2.880 Stunden (96 ECTS-Punkte) bei einer Ausbildungsdauer von vier Semestern. Zwar bleibt der zeitliche Umfang der Ausbildung damit immer noch hinter dem eines Bachelor-Studiengangs zurück, der sich in der Regel auf mindestens 180 ECTS-Punkte bei sechs Studiensemestern erstreckt. Der Senat hat jedoch für die vergleichbare Fortbildung zum „Zertifizierten Betreuer - Curator de jure“ an der Technischen Hochschule Deggendorf die tatrichterliche Würdigung gebilligt, wonach mit 90 ECTS-Punkten (2.700 Stunden) bei einer Ausbildungsdauer von vier Semestern diese zeitliche Abweichung nicht so gewichtig ist, wenn die Ausbildung zusätzlich noch andere Kriterien erfüllt, die für die Vergleichbarkeit mit einem Hochschulstudium kennzeichnend sind (Senatsbeschluss vom 12. April 2017 - XII ZB 86/16 - NJW-RR 2017, 900 Rn. 15). Dabei war insbesondere von Bedeutung, dass durch die Ausbildung zum „Zertifizierten Betreuer - Curator de
jure“ ausschließlich betreuungsrechtlich relevante Ausbildungsinhalte vermittelt wurden und dadurch der gegenüber einem Bachelor-Studium in einem von der Rechtsprechung als vergütungserhöhend anerkannten Studiengang geringere zeitliche Aufwand ausgeglichen wird.
Da auch im vorliegenden Fall der von der Betreuerin absolvierte Fernlehrgang ausschließlich betreuungsrechtlich relevante Kenntnisse vermittelt hat und das Landgericht zudem weitere Kriterien festgestellt hat, die nach der Rechtsprechung des Senats für die Vergleichbarkeit sprechen, ist gegen die angegriffene Entscheidung aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Die von der Rechtsbeschwerde hiergegen erhobenen Einwände greifen ebenfalls nicht durch.

Anmerkungen

Um an dieser Stelle nicht zu der schon recht umfangreichen Diskussion über den Wert und die Umsetzung des Bologna-Prozesses Partei zu ergreifen, verweisen wir auf die vielen Suchmaschinen-Fundstellen, - auch zu den Begriffen Fachhochschule, Hochschule und Universität.  

Als wesentliche Elemente des Bologna-Prozesses werden angegeben (Hervorhebung des für den entschiedenen Fall wohl wichtigsten Elements von uns):

die Harmonisierung der akademischen Ausbildung durch ein zweistufiges System berufsqualifizierender Studienabschlüsse (typischerweise in der Form von Bachelor und Master),
die durchgängige Etablierung des European Credit Transfer System (ECTS),
eine fortlaufende Qualitätssicherung im Hochschulbereich und
vor allem in Deutschland eine auf Beschäftigungsfähigkeit (Employability) am Arbeitsmarkt zielende Ausrichtung der Studiengänge.