Landgericht München I Verhandlung am 22.2.2022. Anmerkung: Was sagen Sie zu der Begründung des Lebensmittelhändlers Scheller, es gehe ihm darum, die Tradition wieder aufleben zu lassen? Und Herr Scheller weiter: „Wir sind keine Trittbrettfahrer, sondern beziehen uns auf ein Stück Dresdner Historie.” Würden Sie als Gericht an den Spruch denken: „Frechheit siegt” und Herrn Scheller schnell wieder nach Hause schicken? Hervorhebungen von uns. 

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Die Historie

Gegründet wurde das Münchner Hofbräuhaus von Herzog Wilhelm V. im Jahr 1589. Im Jahr 1879 wurde die Schutzmarke beim kaiserlichen Patentamt eingetragen. Markenrechtlich ist darüber hinaus der Markenschutz für das Staatliche Hofbräuhaus in München bei der EU-Behörde für geistiges Eigentum (EUIPO) mit Sitz eingetragen. In den Medien wird darüber hinaus berichtet:

Das Gräfliche Hofbrauhaus Freising, das Hofbräuhaus Traunstein, das Stuttgarter Hofbräu und das Bamberger Hofbräu haben sich auch Rechte gesichert. Sie bestehen neben dem Hofbräuhaus München. „Mit anderen Traditionsbrauereien, die sich wie Hofbräu München auch auf eine lange Geschichte und Biertradition berufen können, wurden in der Regel einvernehmlich Koexistenzvereinbarungen geschlossen".

Der Lebensmittelhändler Scheller hatte zunächst nichts mit einer Brauerei zu tun. Außer, dass einer seiner vier Läden genau auf dem Brunnen der 1872 entstandenen Dresdner Brauerei "Hofbrauhaus Aktienbrauerei und Malzfabrik zu Dresden" steht. Sie stellte jedoch vor 100 Jahren die Produktion ein. Die Jahresangabe 1872 auf Schellers Internetseite ist somit irreführend, hat schon das Gericht in der Verhandlung festgestellt. 

Scheller hatte den Brunnen freilegen lassen, sichtbar durch eine Glasplatte. Scheller hat 2011 die Wort- und Bild-Marke für „Dresdner Hofbrauhaus“ beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingetragen bekommen. Scheller lässt sein eigenes Bier brauen und verkauft es in seinen Lebensmittelmärkten. 

Hofbräu München reichte gegen die Marken­anmeldung Widerspruch ein. Da keine Einigung erzielt werden konnte, klagte Hofbräu München parallel zu der noch laufenden Widerspruchsanmeldung.  

Es gehe ihm darum, so Scheller wie schon zitiert, die Tradition wieder aufleben zu lassen. Er behauptet: „Wir sind keine Trittbrettfahrer, sondern beziehen uns auf ein Stück Dresdner Historie."

Das Staatliche Hofbräu­haus München will in dem Verfahren erreichen, dass das Dresdner Hofbrauhaus auf die Marke und damit auf den Namen verzichtet.

Das Gericht in der Verhandlung

Die Vorsitzende Richterin Michaela Holzner verwies auch auf die hohen Kosten, die bei einer Fortsetzung des Verfahrens anfallen könnten. Die Kosten würden „nicht weniger“. Es sei schließlich bereits vorgeschlagen worden, statt Dresdner Hofbrauhaus den Namen Dresdner Brauhaus zu verwenden.

Die Lösung auf Basis der Grundnorm

An dieser Stelle in aller Kürze: Nach der von uns ermittelten Grundnorm ist auf die Meinung der beteiligten Verkehrskreise abzustellen. Nach unseren Erfahrungen werden die beteiligten Verkehrskreise zu einem (rechtlich entscheidenden) erheblichen Teil  das Verhalten des Herrn Scheller nicht billigen. Demnach ist dem Hofbräuhaus München Recht zu geben.

Zur Grundnorm: siehe bitte Schweizer, „Die Entdeckung der pluralistischen Wirklichkeit” ab Seite XXXIII/.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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