BGH-Urteil vom 12.11.2021, bekanntgegeben 17.1.2022, Az. V ZR 204/20. Nach der Urteilsbegründung lassen sich auch weniger bekannte Begriffe besser verstehen, wie „Sondernutzungsgemeinschaften” und „Balkonklauseln”. 

Leitsätze

a) In der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage können für die Tiefgarage und die Wohngebäude auch dann weitgehend verselbständigte Untergemeinschaften gebildet werden, wenn die Tiefgarage zugleich als Fundament der Wohngebäude dient.
b) Sieht die Gemeinschaftsordnung einer solchen Anlage vor, dass die Untergemeinschaften sich selbständig verwalten, dass an den Untergemeinschaften die jeweiligen Eigentümer entsprechend ihren Miteigentumsanteilen berechtigt und verpflichtet sind, und dass für die Untergemeinschaften jeweils eigene Rücklagen gebildet werden sollen, so entspricht es der nächstliegenden Bedeutung dieser Regelungen, dass allein die Teileigentümer der Tiefgarage die Kosten für Sanierungsmaßnahmen im Bereich der Tiefgarage zu tragen haben, und zwar auch im Hinblick auf tragende Bauteile, die zugleich das Fundament der Wohngebäude bilden.

Anmerkungen

Das Urteil begründet mehrfach seine Entscheidung mit wertvollen Hinweisen zum Verständnis der Untergemeinschaften. So insbesondere:

Ziel der Errichtung von Untergemeinschaften ist es u.a., dass diejenigen, die den Baukörper nutzen, für dessen Kosten aufkommen müssen. Die Stellplatzeigentümer sollen die Kosten „ihrer“ Tiefgarage und die Wohnungseigentümer die „ihres“ Wohngebäudes tragen. Andernfalls müsste sich ein Stellplatzeigentümer ohne Wohnung (wie der Kläger) auch an den Kosten einer Dachsanierung der Wohngebäude beteiligen; umgekehrt müsste ein Wohnungseigentümer ohne Stellplatz die Kosten der Tiefgarage anteilig tragen, obwohl er keinen Vorteil aus ihr zieht und die Kosten bei einer Bauweise ohne Tiefgarage nicht angefallen wären (vgl. zu diesem Aspekt für Balkonklauseln Senat, Urteil vom 4. Mai 2018 - V ZR 163/17, NZM 2018, 953
Rn. 13). Solche Ergebnisse sollen durch die Bildung von Untergemeinschaften nachvollziehbarerweise vermieden werden. Eine klare Trennung der Verwaltungs- und Kostenzuständigkeit, wie sie hier in der Gemeinschaftsordnung vorgesehen ist, wäre nicht möglich, wenn im Sanierungsfall zunächst jeweils untersucht werden müsste, ob der zu sanierende Bauteil auch dem anderen Gebäude nützt (vgl. zum Ganzen auch BayObLG, ZMR 2004, 765, 766). Eine andere Kostenverteilung ergibt sich nur, wenn und soweit die Gemeinschaftsordnung abgrenzbare Bauteile ausdrücklich nicht der Untergemeinschaft zuweist.

Darüber hinaus instruiert die Begründung an mehreren Stellen zu Begriffen. So etwa:

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Zu der Anlage gehören mehrere Häuser, die teilweise mit einer mehrstöckigen Tiefgarage unterbaut sind. Der Kläger ist Sondereigentümer eines Stellplatzes in der Tiefgarage. In § 2 Abs. 1 bis 5 der Teilungserklärung (TE) werden für die verschiedenen Baukörper „Sondernutzungsgemeinschaften“ gebildet.

Und schon oben: Balkonklauseln.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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