Landgericht Berlin, Beschluss vom 19.01.2012, Az. 67 T 227/11.  

Leitsatz, formuliert vom Grundeigentum-Verlag:

Ein Urteilstenor, wonach Musik nur in Zimmerlautstärke gespielt werden darf, ist nicht hinreichend bestimmt und als Vollstreckungstitel für einen Zwangsgeldbeschluss unzureichend.

Anmerkung

Wir halten dieses Urteil für unvertretbar. Ein RA Georg Pietzsch hat im Internet (vgl. Suchmaschine) geschrieben:

"Mit diesem Urteil ist nichts an Klarheit gewonnen, im Gegenteil. Tatsächlich hat sich über viele Jahre Rechtsprechung der Begriff »Zimmerlautstärke« in Anträgen und im Urteilstenor etabliert. Die Gerichte sind dabei zu der Einsicht gelangt, dass sich ruhestörender Lärm nicht allein mit festen Grenzwerten beurteilen lässt. Solche Grenzwerte mögen zum Arbeitsschutz bei laufendem Maschinenlärm taugen. Bei der Ruhestörung im Wohn- und Schlafbereich treten weitere Faktoren hinzu wie z.B. Lästigkeit, Häufigkeit oder wie überraschend der Lärm auftritt. Impulslärm durch Trampeln, Poltern schreckt auf, laute Musik und Partygejohle nervt auf andere Weise. Wir Anwälte werden kein Problem damit haben, Klageanträge auf db-Werte umzustellen. Nur, in der Sache sinnvoll ist das nicht."

Wir meinen: Sehr wohl kann man zumindest feststellen, ob Lärm nicht zimmerlautstark ist. Mit dem Argument ganz einfach: "nicht volltreckbar" macht es sich das Gericht viel zu einfach. Jedem geplagten Nachbarn ist schon ganz gut geholfen, wenn der Nachbar sich nach normalem Verständnis an die Zimmerlautstärke hält. Klar, maschinell die Lautstärke mag noch besser sein. Aber schlechthin Urteile zu „kippen”, weil sie einen üblichen Begriff verwenden, ist unhaltbar. Bloß weil ein Begriff Grauzonen hat, erlaubt nicht, das nachbarschaftliche Verhältnis zu zerstören und überhaupt Hausordnungen in vielen Einzelheiten in Frage zu stellen.

Rechtsmethodisch: Ein Jurist, der nicht wenigstens den Auslegungsgrundsatz kennt: „argumentum ad absurdum”, hat seinen Beruf verfehlt.  

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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