AC Milan

EuGH Urteil vom 10. November 2021 in der Rechtssache T-353/20 AC Milan/EUIPO-InterEs (ACM 1899 AC MILAN). Hochinteressant: Zur Verkehrsauffassung wird „ein Teil des Publikums” als nicht relevant ausgeschlossen. Hervorhebungen von uns.

Verwechslungsgefahr - Leitsatz

Die starke phonetische Ähnlichkeit und die mittlere visuelle Ähnlichkeit dieses Zeichens im Vergleich zur älteren deutschen Wortmarke MILAN rufen eine Gefahr der Verwechslung bei den Verbrauchern hervor, so dass nicht beide Zeichen gleichzeitig in der Union Schutz genießen können.

Der Fall, wie ihn der EuGH wiedergibt.

Im Februar 2017 beantragte der italienische Fußballverein AC Milan (AC Mailand) gemäß der Unionsmarkenverordnung beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union für das Bildzeichen oben, und zwar u. a. für Schreibwaren und Büroartikel.

Im April 2017 erhob die deutsche Gesellschaft InterES Handels- und Dienstleistungs Gesellschaft mbH & Co KG Widerspruch gegen die beantragte Registrierung. Zur Begründung verwies sie auf die 1984 angemeldete und 1988 eingetragene deutsche Wortmarke MILAN, die sich u. a. auf Waren bezieht, die mit den vom Antrag des AC Mailand erfassten Waren im Wesentlichen identisch sind oder ihnen ähneln. Die deutsche Gesellschaft vertritt die Auffassung, dass die Registrierung der angemeldeten Marke aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit der älteren Marke eine Gefahr der Verwechslung beim deutschen Publikum hervorrufen könne.

Mit Entscheidung vom 14. Februar 2020 gab das EUIPO dem Widerspruch vollumfänglich statt. Gegen diese Entscheidung erhob der AC Mailand Klage beim Gericht der Europäischen Union. Mit seinem heute [17.11.2021] verkündeten Urteil weist das Gericht die Klage in vollem Umfang ab.

Aus der Begründung

Als Drittes ist das Gericht der Auffassung, dass das maßgebliche Publikum das Bildelement der angemeldeten Marke insbesondere aufgrund seiner Größe und seiner Position zwar nicht ignorieren wird, seine Aufmerksam sich aber nicht darauf konzentrieren wird. Vielmehr wird die Aufmerksamkeit des Publikums von dem Wortelement angezogen, das aus den Buchstaben „AC“ und dem Wort „MILAN“ besteht, da diese in Großbuchstaben und einer stilisierten Schriftart geschrieben sind und das aus ihnen gebildete Element deutlich länger ist als das Bildelement.
Folglich ist das Element „AC MILAN“ nach Auffassung des Gerichts das dominierende Element der angemeldeten Marke. In diesem Zusammenhang stellt das Gericht fest, dass, auch wenn ein Teil des Publikums das Wortelement „AC MILAN“ der angemeldeten Marke als Bezugnahme auf den gleichnamigen Fußballverein der Stadt Mailand (Italien) wahrnehmen kann, die einander gegenüberstehenden Zeichen, die in phonetischer Hinsicht sehr ähnlich sind, beide auf die italienische Stadt Mailand hinweisen.
Soweit der AC Mailand mit der Bekanntheit der angemeldeten Marke in Deutschland argumentiert, die mit der großen Bekanntheit dieses Fußballvereins zusammenhänge, weist das Gericht darauf hin, dass nur die Bekanntheit der älteren Marke, nicht aber die der angemeldeten Marke, zu berücksichtigen ist, um zu beurteilen, ob die Ähnlichkeit der von zwei Marken bezeichneten Waren genügt, um eine Verwechslungsgefahr hervorzurufen.
Infolgedessen entscheidet das Gericht, dass die Ähnlichkeiten zwischen den beiden in Rede stehenden Zeichen insgesamt groß genug sind, um eine Verwechslungsgefahr zu bejahen.

Anmerkung

Ob rechtserheblich ist, wie ein Teil des Publikums auffasst, entscheidet sich nach dem Sinn und Zweck der anzuwendenden Norm in der Definitionsphase oder spätestens in der Analysephase. Wir haben zu diesem Thema bereits häufig eingehend Stellung genommen:https://www.schweizer.eu/kanzlei/publikationen. Vgl. etwa auch: Die "normative Verkehrsauffassung" - ein doppeltes Missverständnis; - Konsequenzen für das Leitbild des "durchschnittlich informierten, verständigen und aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers", GRUR, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 2000, S. 923 ff.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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