Bundesgerichtshof 14.9.2021, bekannt gegeben am 25.10.20, Az. VI ZB 30/19. Hervorhebungen wie üblich von uns, um die (schnelle) Lektüre zu erleichtern. Wie man einen Dieselskandal-Fall verlieren kann. Es lässt sich aber auch titeln: Die Kunst des Sach- und Rechtsvortrags in Rechtsmitteln.

Leitsatz

Eine auf die Verletzung des Grundrechts auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gestützte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, wenn es der Beschwerdeführer im Rahmen des vorinstanzlichen Rechtsmittels versäumt hat, eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (Anschluss an BGH, Beschluss vom 15. Juli 2015 - IV ZB 10/15). 

Der Fall, wie ihn der BGH in seinem Urteil schidert:

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht die Berufung als unzulässig verworfen, da ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZPO genüge. An einer auf den konkreten Sachverhalt zugeschnittenen Berufungsbegründung fehle es hier. Die Begründung beschränke sich darauf, Urteile anderer Landgerichte zu zitieren, wonach es sich bei der eingebauten Software um eine verbotene Abschalteinrichtung handele, was Ansprüche gemäß § 823 Abs. 2, § 826 BGB rechtfertige. Dabei verkenne die Berufung, dass das Landgericht diese Fragen überhaupt nicht anders beurteilt habe als der Kläger. Ein Rechtsfehler werde insoweit nicht aufgezeigt. Nicht angegriffen worden sei die einzige Begründung des Landgerichts für die Abweisung der Klage, wonach der Kläger zum Zeitpunkt des Fahrzeugerwerbs von dem behaupteten Mangel Kenntnis gehabt habe. Eine Täuschung sei damit ebenso ausgeschlossen wie eine sittenwidrige Schädigung.

Hierauf sei der Kläger mit Beschluss des Berufungsgerichts unter Gelegenheit zur Stellungnahme hingewiesen worden. Die darauf eingegangene Stellungnahme rechtfertige keine andere Beurteilung. Soweit mit ihr vorgetragen werde, das Landgericht habe zu Unrecht eine Kenntnis des Klägers angenommen, hätte dies innerhalb der Berufungsbegründungsfrist gerügt werden müssen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Rechtsbeschwerde.

Aus der Begründung

Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, dass die Berufungsbegründung unzureichend sei, in einem Hinweisbeschluss, mit dem es dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, dargelegt. Der Kläger hat in seiner Stellungnahme dazu lediglich unter Beweisantritt vorgetragen, dass ihm zum Kaufzeitpunkt der Mangel in Gestalt der Betroffenheit des Fahrzeugs vom Abgasskandal nicht bekannt gewesen sei und er hiervon erst im Frühjahr 2016 erfahren habe. Er hat aber nicht geltend gemacht, dass er seine Schadenersatzansprüche auf weitere Anspruchsgrundlagen aus § 823 Abs. 2 BGB iVm § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV gestützt habe und das Berufungsgericht dies ausweislich des Hinweisbeschlusses übergangen habe. Damit hat er die eingeräumte prozessuale Möglichkeit zur Verhinderung der nunmehr mit der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Verfahrensgrundrechtsverletzung nicht genutzt.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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