BGH Urteil vom 22. Juli 2021, bekanntgegeben am 29.9.2021, Az. I ZR 212/17. Aufgrund einer EuGH-Vorgabe zum Zeitpunkt des Ablaufs der Nichtbenutzung interessieren genauso die Ausführungen zur ernsthaften Benutzung der Marke bis dahin. Siehe unten zur Schlussformulierung des Urteils.

Vom BGH vorgegebener Leitsatz

Der für die Feststellung maßgebliche Zeitpunkt, ob der in Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 genannte ununterbrochene Nichtbenutzungszeitraum von fünf Jahren abgelaufen ist, ist derjenige der Erhebung der Widerklage auf Erklärung des Verfalls (Anschluss an EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - C-607/19, Husqvarna).

Vorgeschichte: EuGH

Der Senat hatte dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78 vom 24. März 2009, S. 1) und Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 2017/1001 vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. L 154 vom 16. Juni 2017, S. 1) Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (BGH, Beschluss vom 6. Juni 2019 - I ZR 212/17 - Bewässerungsspritze I).

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat diese Fragen wie folgt beantwortet (EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - C-607/19, GRUR 2021, 613 = WRP 2021, 325 - Husqvarna):
Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 ist dahin auszulegen, dass im Fall einer Widerklage auf Erklärung des Verfalls einer Unionsmarke der Zeitpunkt, auf den für die Feststellung, ob der in dieser Bestimmung genannte ununterbrochene Zeitraum von fünf Jahren abgelaufen ist, abzustellen ist, der
Zeitpunkt der Erhebung dieser Klage ist.

BGH-Entscheidungsgründe

Eine Marke wird im Sinne der Art. 15 Abs. 1 und Art. 51 Abs. 1 Buchst. a GMV ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion - die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren - benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen
Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen. Die Frage, ob die Benutzung der Marke ernsthaft ist, ist anhand sämtlicher Umstände zu prüfen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird; dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder zu gewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des
Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke (vgl. EuGH, Urteil vom 11. März 2003 - C-40/01, Slg. 2003, I-2439 = GRUR 2003, 425 Rn. 43 - Ansul)....

Der klare Schluss der Entscheidung

Danach kann der Verfall der Klagemarke nicht angenommen werden, weil die Klagemarke im Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage noch nicht, wie für den Verfall erforderlich, für einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren nicht ernsthaft benutzt war. Der bis Mai 2012 vorgenommene Vertrieb der der
Klagemarke entsprechenden Bewässerungsspritze mit der Artikelnummer 941 stellt eine ernsthafte rechtserhaltende Benutzung dar.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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