Bundesgerichtshof Beschluss vom 24. Juni 2021, herausgegeben am 19.8.2021, Az. V ZB 22/20.
Leitsatz
Die Kosten der anwaltlichen Vertretung in einem nach § 15a EGZPO obligatorischen Güteverfahren sind keine erstattungsfähigen (Vorbereitungs-)Kosten des
späteren Rechtsstreits.
Der Kernabsatz der Begründung
Zwar ist zutreffend, dass eine Klage als unzulässig abzuweisen ist, wenn ein obligatorisches Güteverfahren nicht durchgeführt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 2004 - VI ZR 336/03, BGHZ 161, 145, 148 ff.). Durch die gesetzliche Ausgestaltung des Güteverfahrens als Zulässigkeitsvoraussetzung für eine spätere Klage ist dieses ein notwendiges Durchgangsstadium für die Inanspruchnahme staatlicher Gerichte. Das rechtfertigt es aber noch nicht, die in einem solchen Verfahren angefallenen Anwaltskosten als Vorbereitungskosten nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO anzusehen. [Auch] das obligatorische Güteverfahren dient nach der gesetzgeberischen Intention allein der Streitvermeidung.
Anmerkungen
1.
Die Geschichte dieses Falles veranschaulicht, wozu diese Einstellung des Gesetzgebers und der Rechtsprechung in der Praxis führt. Das obligatorische Güteverfahren läuft unter Sachkundigen ins Leere. Der BGH schildert die Geschichte zum obligatorischen Güteverfahren so:
„Die Parteien sind Nachbarn in Brandenburg. [In einem zwischen ihnen geführten Nachbarrechtsstreit wurden den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.] Vor der Einleitung des Rechtsstreits hatten die Kläger - wie nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Brandenburgisches Schlichtungsgesetz (BbgSchlG) in Verbindung mit § 15a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGZPO erforderlich - die Gütestelle angerufen. Ein Einigungsversuch war daran gescheitert, dass vor der Gütestelle zwar die Kläger im Beistand ihrer späteren Prozessbevollmächtigten, nicht aber die Beklagten erschienen waren.”
Somit: Der Kläger erscheint, weil es vorgeschrieben ist. Der Beklagte ersprt es sich zu erscheinen. Das Ganze bleibt ohne Folgen.
2.
Gesetz, betreffend die Einführung der Zivilprozeßordnung
§ 15a
(1) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Erhebung der Klage erst zulässig ist, nachdem von einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle versucht worden ist, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen
1.
in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von 750 Euro nicht übersteigt,
2.
in Streitigkeiten über Ansprüche aus dem Nachbarrecht nach den §§ 910, 911, 923 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und nach § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie nach den landesgesetzlichen Vorschriften im Sinne des Artikels 124 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche, sofern es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt,
3.
in Streitigkeiten über Ansprüche wegen Verletzung der persönlichen Ehre, die nicht in Presse oder Rundfunk begangen worden sind,
4.
in Streitigkeiten ....
(2) Absatz 1 findet keine Anwendung auf ...
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