BVGer Entscheid vom 23.3.2021, Az. B-1084/2020: „INVISALIGN” ./. „SWISS INSIDE SUISSEALIGN (fig.)" - keine Verwechslungsgefahr. Die schweizerischen Gerichte sind immer wieder gut für den Gebrauch weithin unbekannter Begriffe; gerade auch im Markenrecht.

Die Ingres News haben in ihrer neuesten Ausgabe (Juni 2021) aus diesem Urteil zitiert (Hervorhebungen wie meist von uns):

„Die Widersprechende beruft sich zum Nachweis des gesteigerten Schutzumfangs der Widerspruchsmarke in Fachkreisen auf verschiedene eingereichte Affidavits: Affidavits kommen gegenüber Parteiaussagen grundsätzlich keine erhöhte Beweiskraft zu. Sie sind allerdings insbesondere im Zusammenhang mit weiteren Beweismitteln in die Beurteilung der gesamten Beweislage einzubeziehen (...). (…) Die Aussagekraft der von den Zahnärzten unterschriebenen Erklärungen ist (…) insoweit relativiert, als diese vorgedruckt sind und einen beinahe identischen Inhalt aufweisen. Auch sind nur drei Erklärungen ungenügend, um daraus in allgemeiner Weise Rückschlüsse auf die gesteigerte Bekanntheit der Widerspruchsmarke in den Fachkreisen (…) ziehen zu können."

Anmerkung 1

Der Begriff Affidavits hat in unterschiedlichen Zusammenhängen auch etwas unterschiedliche Bedeutung. Anschaulich komprimiert Wikipedia:

Ein Affidavit stellt im Gegensatz zu einer eidesstattlichen Versicherung einen tatsächlichen Eid dar. Der Begriff entstammt der mittelalterlichen Rechtssprache. Affidavit (lateinisch) heißt: „(er) hat zugesichert“; es ist die 3. Person Singular Perfekt Indikativ Aktiv von affidare „versichern“, „Treue versprechen“, „Schutz versprechen“.

In Ländern, in denen englisches oder verwandtes Recht angewandt wird (vor allem ehemals britische Kolonien), ist das Affidavit eine vom Aussteller (englisch deponent oder affiant) unterzeichnete und durch dessen Eid beglaubigte Urkunde, die Aufschluss über die tatsächlichen Verhältnisse gibt. Derartige Urkunden dienen zum Beispiel bei englischen Zivilprozessen zur Beweisaufnahme im vorbereitenden Verfahren, werden aber auch anderweitig, z. B. im Verkehr mit den Steuerbehörden, genutzt.

Zur Abnahme der betreffenden Eide sind die vom Lord Chancellor ernannten Commissioners for oaths, meist handelt es sich um Solicitors, zuständig, weil sie dieser Aufgabe neben ihrer täglichen Praxis nachkommen. Im Ausland sind es meist die britischen diplomatischen Vertreter und Konsuln und des Weiteren alle Beamten, die im betreffenden Land befugt sind, Eide abzunehmen. In den Vereinigten Staaten kann ein Affidavit von jedermann verfasst werden, nur die Unterschrift muss dann durch einen Notary public bestätigt werden.

Eine bedeutende Rolle spielten Affidavits während der Zeit des Nationalsozialismus. Familienangehörige, Freunde und qualifizierte Organisationen in Staaten außerhalb Deutschlands (nach dem Anschluss außerhalb Deutschlands und Österreichs) konnten mit einer beglaubigten Bürgschaftserklärung Verfolgten die Einreise in Überseeländer (Vereinigtes Königreich, USA) ermöglichen, die dadurch der nationalsozialistischen Verfolgung auf dem Kontinent entkamen.[1][2] Dieser Form des Affidavits entspricht heute die Verpflichtungserklärung im Ausländerrecht.”

Anmerkung 2

Für den entschiedenen Fall wurde gerichtlich ausgeführt:

„Zwischen den beiden für Waren und Dienstleistungen aus dem Bereich der Zahnmedizin (Klassen 10, 41, 44) beanspruchten Marken INVISALIGN und "SWISS INSIDE
SUISSEALIGN (fig.)" besteht keine Verwechslungsgefahr: Die angefochtene Marke ist mehr als doppelt so lang wie die Widerspruchsmarke, weist einen anderen Zeichenanfang auf und verfügt über ein gut wahrnehmbares grafisches Element.”

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
zertifizierte Datenschutzbeauftragte (DSB-TÜV)
Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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