BGH Beschluss vom 22. Juni 2021, herausgegeben heute, 10.8.2021, Az. VI ZB 15/20. So wichtig der vom BGH formulierte Leitsatz zu diesem Beschluss auch ist, so wichtig ist im entschiedenen Fall seine Ergänzung. Wir heben das Entscheidende hervor.
Leitsatz
Der Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. In der Wahl des Verfahrens, mit dem er dies gewährleistet, ist er dabei grundsätzlich frei. Er hat aber sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen.
Ergänzung des Leitsatzes (durch uns)
Die Büroorganisation zu einer Einzelanweisung ist anhand der konkreten Umstände zu beurteilen.
Die Gründe des Beschlusses dazu im Einzelnen:
„Das Berufungsgericht hat übersehen, dass die Frage, ob eine Aktennotiz als Einzelanweisung missverstanden werden kann, nicht abstrakt, sondern anhand der konkreten Umstände der jeweiligen Büroorganisation zu beurteilen ist.
Ausweislich der dem Schriftsatz des Klägers beigefügten eidesstattlichen Versicherung der Angestellten seiner Prozessbevollmächtigten erfolgten „alle" Arbeitsanweisungen der Prozessbevollmächtigten per Diktat, persönlicher Ansprache oder digitaler Anweisung in einen auf die Angestellte lautenden Postkorb, nicht hingegen über (handschriftliche) Vermerke in oder auf der Akte. Dementsprechend habe sie solche Vermerke in all den Jahren nie als Arbeitsanweisung aufgefasst. Derartige Vermerke seien als Gedankenstütze und Bearbeitungsvermerk ausschließlich für die Rechtsanwältin gedacht. Legt man der rechtlichen Beurteilung diese - mangels abweichender Feststellungen als glaubhaft zu unterstellenden - Ausführungen zur konkreten Büroorganisation zugrunde, kann der Prozessbevollmächtigten des Klägers eine Sorgfaltspflichtverletzung nicht vorgeworfen werden. Sie musste nicht damit rechnen, dass der nur für sie gedachte Bearbeitungsvermerk "Verlängerung 1 Monat - wenn Parallelurteil noch nicht da" von ihrer Angestellten als Anweisung fehlgedeutet werden würde, die Berufungsbegründungsfrist entgegen der allgemeinen Organisationsregelung ohne Rückversicherung bei ihr zu löschen.”
Rechtsanwältin
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