Verwaltungsgericht Trier , Urteil vom 7.7.2021, Az. 8 K 424/21.TR

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Im entschiedenen Fall ist eine Unterlassung nach § 39 Abs. 2 Sätze 1 und 2 LFGB, § 31 Abs. 1, Abs. 7 WeinG geboten. 

Nach § 27 Abs. 1 WeinG dürfen Erzeugnisse, die u.a. den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union widersprechen, nicht in den Verkehr gebracht, eingeführt oder ausgeführt werden, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist.

Im zu entscheidenden Fall betreffend eine Untersagungsverfügung vom 22. Januar 2021 entsprechen die Sektflaschen nicht den Anforderungen des Art. 57 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a) VO (EU) 2019/33. Nach ihm werden in der Union hergestellte Schaumweine, Qualitätsschaumweine und aromatische Qualitätsschaumweine in „Schaumwein“-Glasflaschen vermarktet oder ausgeführt, die bei Flaschen mit einem Nennvolumen von mehr als 0,20 Litern verschlossen sind mit einem pilzförmigen Stopfen aus Kork oder einem anderen für den Kontakt mit Lebensmitteln zugelassenen Stoff mit Haltevorrichtung, gegebenenfalls mit einem Plättchen bedeckt, wobei der Stopfen ganz und der Flaschenhals ganz oder teilweise mit Folie umkleidet ist. Die in Rede stehenden Sektflaschen aus dem Betrieb des Klägers mit einem Nennvolumen von 0,75 Litern sind nicht mit einer
vorstehend geforderten Folie versehen, sodass ein Verstoß gegen Art. 57 Abs. 1 UAbs. 1lit. a) VO (EU) 2019/33 vorliegt.

Anmerkung

Instruktiv ist für alle Nutzer, warum das Gericht es für gerechtfertigt ansieht, dass die unternehmerische Freiheit eingeschränkt wird, nämlich:

Bezweckt ist der Schutz des Verbrauchers vor Irreführung ebenso wie der faire Wettbewerb. Die einheitliche Aufmachung von Sektflaschen geht auf eine mehr als 100 Jahre währende Tradition zurück und bewirkt, dass sich der Verbraucher auf den ersten Blick orientieren und darauf verlassen kann: Ein Sekt wird nur in der „vollen Schaumweinausstattung“, also mit Folienumkleidung, angeboten. Zudem - das wird u. E. für die Winzer entscheidend sein: Dadurch, dass alle Anbieter von Schaumweinen im Wesentlichen die gleiche Ausstattung wählen müssen, sind diese mit Blick auf die Produktionskosten und eine etwaige Abgabe für die Abfallentsorgung gleich belastet.

Darüber hinaus leistete die Umkleidung einen weiteren Schutz vor Manipulation; insbesondere kann der Verbraucher an einer unversehrten Folie erkennen, ob der Verschluss der Flasche möglicherweise manipuliert bzw. beschädigt wurde. Bei Naturkorken kann die Folie auch vor Feuchtigkeit und Schimmelbildung schützen. Umweltrechtliche Aspekte ändern nichts. Der Verordnungsgeber hat bei Erlass der Vorschrift die Belange des Umweltschutzes im Blick gehabt und mit dem Schutz der traditionellen Aufmachung von Schaumweinerzeugnissen und damit einhergehend der verbraucher– und wettbewerbsrechtlichen Aspekte abgewogen und im Rahmen seiner Freiheit ausgeglichen. Im Übrigen ist erkennbar, dass der Begriff „Folie“ vom Verordnungsgeber nicht näher definiert ist, so dass auch umweltfreundliche, recyclebare Folien verwendet werden können.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
zertifizierte Datenschutzbeauftragte (DSB-TÜV)
Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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