iStock.com DWithers Goldhase

Bundesgerichtshof Urteil vom 29.7.2021 Az. I ZR 139/20. Die Entscheidung des BGH liegt auch am 30.7., 13:19 noch nicht vor. 

Der krönende rechtliche Passus

Die Klägerinnen haben nachgewiesen, dass der Goldton des Lindt-Goldhasen innerhalb der beteiligten Verkehrskreise im Sinne von § 4 Nr. 2 MarkenG als Marke Verkehrsgeltung für Schokoladenhasen erlangt hat. Nach der vorgelegten Verkehrsbefragung beträgt der Zuordnungsgrad des für die Folie des "Lindt-Goldhasen" verwendeten goldenen Farbtons im Zusammenhang mit Schokoladenhasen zum Unternehmen der Klägerinnen 70% und übersteigt damit die erforderliche Schwelle von 50% deutlich.

Ergänzung

„Der Erwerb von Verkehrsgeltung setzt nicht voraus, dass das Farbzeichen als "Hausfarbe" für sämtliche oder zahlreiche Produkte des Unternehmens verwendet wird. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Verkehr dann, wenn der Goldton für andere Schokoladenhasen als den bekannten Lindt-Goldhasen verwendet würde, darin einen Herkunftshinweis auf die Klägerinnen sähe. Das ist eine Frage der Verwechslungsgefahr, die sich erst im Rahmen der Prüfung einer Verletzung der Farbmarke stellt. Gegen eine Verkehrsgeltung des Goldtons spricht schließlich nicht, dass er zusammen mit ebenfalls verkehrsbekannten Gestaltungselementen des "Lindt-Goldhasen" (sitzender Hase, rotes Halsband mit goldenem Glöckchen, Bemalung und Aufschrift "Lindt GOLDHASE") eingesetzt wird. Entscheidend ist, dass die angesprochenen Verkehrskreise in einer Verwendung dieses Goldtons für Schokoladenhasen auch dann einen Herkunftshinweis sehen, wenn er zusammen mit diesen anderen Gestaltungselementen verwendet wird.

Das Urteil schließt: „Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht prüfen müssen, ob die Beklagte die Benutzungsmarke der Klägerinnen an dem Goldton des Lindt-Goldhasen durch den Vertrieb ihrer in goldfarbener Folie verpackten Schokoladenhasen verletzt hat.“

Anmerkungen

1. Die Vorinstanz, das OLG München - Urteil vom 30.7.2020, Az. 29 U 6389/19 - hatte die Revision mit folgender Begründung zugelassen: Die Sache hat im Hinblick darauf, wann eine Verkehrsgeltung bei abstrakten Farbmarken anzunehmen ist, die nur für ein einzelnes, dem Verkehr auch hinsichtlich weiterer Gestaltungsmerkmale bekanntes Produkt anzunehmen ist, grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

2. Der zitierte Hinweis im BGH-Urteil auf die Nicht-Einordnung als Verwechslungsgefahr belegt, dass bei der Rechtstatsachenermittlung durch Befragen die vier Ermittlungsphasen unterschieden werden müssen. 

a.Definitionsphase (das Problem wird definiert). Nach der Definition des Begriffes Verkehrsgeltung kommt es nicht darauf an, „ob der Verkehr dann, wenn der Goldton für andere Schokoladenhasen als den bekannten Lindt-Goldhasen verwendet würde, darin einen Herkunftshinweis auf die Klägerinnen sähe” (Zitat BGH, vgl. oben). Die Vorinstanz hat demnach nicht richtig definiert.

b.Durchführungsphase (Ermittlung des nach der Definition rechtserheblichen Sachverhalts)

c.Aalysephase (erfüllt der ermittelte Sachverhalt, die nach der Definition erheblichen Voraussetzungen).

d.Entscheidungsphase

e.Bekanntmachungsphase.

Wir haben diese Phasen häufig beschrieben, siehe insbesondere bei unseren Publikationen die Bücher jeweils mit Volltext bei uns unter Publikationen nachlesbar: „Rechtstatsachenermittlung durch Befragen”, „Die Entdeckung der pluralistischen Wirklichkeit” sowie unsere Suchmaschine.