Bundesgerichtshof Urteil vom 29.6.2021, Az. XI ZR 46/20, bekannt gegeben heute 26.7.2021. Hervorhebungen von uns.

Leitsatz

Wird auf der Internetseite einer Bank der Sollzinssatz, der für die Überziehungsmöglichkeit berechnet wird, mit "Aktuell bis zu 10,90 % p.a. Zinsen" angegeben, ist dies nicht klar und eindeutig im Sinne von Art. 247a § 2 Abs. 2 EGBGB.

Der wichtigste Teil der Begründung

Um den vom Gesetzgeber beabsichtigten einfachen Vergleich der Angebote auf dem Markt zu erreichen, ist sowohl die Unter- als auch die Obergrenze einer Zinsspanne anzugeben. Dadurch wird sowohl die ganze Breite der Angebote als auch das Preisniveau des einzelnen Anbieters ersichtlich (vgl. MünchKommUWG/Busche, 3. Aufl., § 5 Rn. 490). Durch die Angabe der Untergrenze wird dem Verbraucher deutlich vor Augen geführt, mit welcher Belastung er auch beim günstigsten Angebot rechnen muss. Dies kann bei einem hohen Durchschnittsniveau der Zinsen für Dispositionskredite dazu führen, dass der Verbraucher sich schon bei dem Zinsvergleich der einzelnen Anbieter überlegt, ob es für seine Zwecke eine kostengünstigere andere Finanzierungsmöglichkeit geben könnte. Die Angabe der Höchstgrenze wiederum gewährleistet, dass der Verbraucher sich nicht nur an den Mindestwerten orientieren muss, die auf ihn möglicherweise gar nicht anwendbar sind und ihm daher eine falsche Vorstellung der auf ihn zukommenden Belastung vermitteln.

Den gestalterischen Anforderungen an eine Darstellung "in auffallender Weise" wird die Angabe im Preisaushang, wie das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise erkannt hat, nicht gerecht. Die Angabe des Sollzinssatzes unterscheidet sich nicht von den übrigen Preisangaben, so dass es an einer hinreichenden Hervorhebung fehlt. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass mit "in auffallender Weise" im Sinne des Art. 247a § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB eine Hervorhebung gegenüber dem Kontext gemeint ist.

Anmerkung

Der Wortlaut des Art. 247a § 2 Abs. 2 EGBGB

§ 2 Allgemeine Informationspflichten bei Überziehungsmöglichkeiten und Entgeltvereinbarungen für die Duldung einer Überziehung

(1) Unternehmer, die den Abschluss von Verträgen über die Einräumung von Überziehungsmöglichkeiten gemäß § 504 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder deren Vermittlung durch gebundene Darlehensvermittler gemäß § 655a Absatz 3 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anbieten, stellen für Standardgeschäfte nach § 675a des Bürgerlichen Gesetzbuchs schriftlich, in geeigneten Fällen auch elektronisch, unentgeltlich Informationen über Entgelte und Auslagen der Geschäftsbesorgung zur Verfügung, soweit nicht eine Preisfestsetzung nach § 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgt oder die Entgelte und Auslagen gesetzlich verbindlich geregelt sind.

(2) Der Sollzinssatz, der für die Überziehungsmöglichkeit berechnet wird, ist in den nach Absatz 1 zur Verfügung zu stellenden Informationen klar, eindeutig und in auffallender Weise anzugeben. Verfügt derjenige, der gemäß Absatz 1 Informationen bereitzustellen hat, über einen Internetauftritt, so ist der Sollzinssatz in entsprechender Weise auch dort anzugeben.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
zertifizierte Datenschutzbeauftragte (DSB-TÜV)
Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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