Bundesgerichtshof Beschluss vom 5. Mai 2021 - XII ZB 552/20, bekannt gegeben heute, 15.6.2001. Dieses Mal das bekannte Thema: Rechtsmittelbegründung.

Zwei Leitsätze:

a) Auch bei einem so wichtigen Vorgang wie der Anfertigung einer Rechtsmittelbegründungsschrift darf der Rechtsanwalt einer zuverlässigen Büroangestellten eine konkrete Einzelanweisung erteilen, deren Ausführung er grundsätzlich nicht mehr persönlich überprüfen muss. In der Kanzlei müssen jedoch ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen werden, dass die Anweisung (etwa im Drange der Geschäfte) in Vergessenheit gerät und die Übersendung eines zulässigen Rechtsmittels unterbleibt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 5. Juni 2013 - XII ZB 47/10).
b) Solche Vorkehrungen sind nur dann entbehrlich, wenn die Bürokraft zugleich die unmissverständliche Weisung erhält, den von ihr zu erledigenden Vorgang sofort auszuführen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 5. Juni 2013 - XII ZB 47/10).

Anmerkung

Für den entschiedenen Fall hat der BGH dargelegt, dass die Anfoorderungen nicht erfüllt wurden:

"Nach dem Inhalt der vom Antragsgegner vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen hat seine Verfahrensbevollmächtigte die Kanzleiangestellte nur angewiesen, die bereits von ihr unterzeichnete Beschwerdebegründungsschrift an das Oberlandesgericht zu adressieren und die Faxnummer zu berichtigen. Dass diese Anweisung auch beinhaltete, die Kanzleiangestellte solle die notwendigen Korrekturen sofort ausführen, ergibt sich weder aus den Angaben des Antragsgegners im Wiedereinsetzungsgesuch noch aus der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Kanzleiangestellten. Die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners wäre daher verpflichtet gewesen, weitere Maßnahmen zu treffen,
um sicherzustellen, dass die erteilte mündliche Anweisung an die Kanzleiangestellte während des weiteren Geschäftsbetriebs an diesem Tag nicht in Vergessenheit gerät und die Beschwerdebegründungsschrift fristgemäß beim zuständigen Oberlandesgericht eingeht. Solche zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen hat der Antragsgegner in seinem Wiedereinsetzungsgesuch weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Zwar ergibt sich aus dem Vorbringen des Antragsgegners, dass die Kanzleiangestellte auch angewiesen worden ist, den korrigierten Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten nochmals zur Prüfung vorzulegen, auch wenn sie das Original schon unterzeichnet hatte. Eine schuldhafte Pflichtverletzung ist der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners aber deswegen anzulasten, weil sie am Abend die Kanzlei verlassen hat, ohne sich über die Ausführung der erteilten Anweisung zu vergewissern. Dieses Verschulden ist dem Antragsgegner gemäß § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen."

Es gehört zu den alten Liedern: Das hastige Verlassen der Kanzlei am Abend und die fehlende Rettung in der Not  durch eine pedantisch genaue Begründung des Wiedereinsetzungsantrags.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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