Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 29.03.2021, Az. 2-13 T 7/21.
Ein Wohnungseigentümer kann eine Absage verlangen, wenn die Gefahr besteht, dass gegen die Corona­schutz­verordnung verstoßen wird. Die Gefahr als Kriterium wirkt sich bei überholenden Ereignissen aus. Das Urteil ist sehr ausführlich gehalten. Es erklärt ausdrücklich, dass die Novellierung des WEG nichts geändert hat.

Der Schlussabsatz des Urteils fasst zur Rechtslage zusammen:

„Angesichts der hier zum Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung bestehenden völligen rechtlichen Unsicherheit, ob die Teilnahme an einer Eigentümerversammlung zulässig war oder nicht, bestand wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, ein Absageanspruch der Eigentümer, so dass die einstweilige Verfügung gerechtfertigt war und es daher von der Ermessensentscheidung des § 91a ZPO gedeckt war, dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.”

Diese Formulierung wirft die Frage auf, ob es sich denn vor Erlass der einstweiligen Verfügung anders verhalten haben kann. Das Urteil legt jedoch zuvor dar:

„Zutreffend hat das Amtsgericht dabei darauf abgestellt, dass maßgeblich nicht der Zeitpunkt der Einladung ist, sondern die Sach- und Rechtslage bei der Versammlung. Ändert sich diese im Zeitraum zwischen der Einladung und dem Versammlungstag, muss der Verwalter als Einladender die Versammlung jedenfalls dann absagen, wenn die Teilnahme den Eigentümern nicht mehr zumutbar ist (LG Meiningen NZM 2020, 992; Schmidt/Zschieschack, COVID-19, 3. Aufl., § 4 Rn. 21 ff.).”

Der Fall

Zehn Wohnungseigentümer wollten sich in einem Raum einer geschlossenen Gaststätte zu einer Eigentümerversammlung treffen. Wenige Tage vor der Versammlung trat jedoch die neue hessische Coronaschutzverordnung in Kraft. Danach war der Aufenthalt im öffentlichen Raum nur alleine oder mit Angehörigen eines weiteren Haushalts erlaubt. Erlaubt waren aber unter anderem geschäftliche oder berufliche Zusammenkünfte sowie Sitzungen. Mehrere Wohnungseigentümer befürchteten nun, dass die Versammlung unzulässig sei und verlangten daher vom Verwalter die Absage. Da dieser dem nicht nachkam, stellten die Wohnungseigentümer einen Eilantrag gegen die Versammlung.

Nachdem die Angelegenheit wegen Zeitablaufs erledigt war, ging es nachfolgend vor dem Landgericht Frankfurt a.M. um die Kosten. Der Verwalter argumentierte: Zum einen sei durch die zwischenzeitlichen Auslegungshinweise des zuständigen Ministeriums klargestellt worden, dass Wohnungseigentümerversammlungen zulässig seien beziehungsweise waren. Zum anderen sei der Eilantrag unbegründet gewesen, so dass die Antragsteller die Kosten zu tragen hätten.

Das Landgericht Frankfurt a.M. entschied jedoch, wie oben berichtet, gegen den Verwalter. 

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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