Das Bundesverfassungsgericht hat sich zwar mit einem Fall aus dem Umgangsrecht mit einem nichtehelichen Kind befasst. Der Kern seiner Ausführungen in dem heute veröffentlichten Beschluss vom 14. Oktober Az. 2 BvR 1481/04 betrifft jedoch allgemein die Bedeutung der Straßburger Urteile für die deutschen Gerichte; - auch das Medienrecht, obwohl der Zweite Senat entschieden hat und für das Medierecht der erste Senat zuständig ist.
Der Beschluss bestätigt zunächst, was der Präsident des Bundesverfassungsgerichts in seinem Interview in der neuesten FOCUS-Ausgabe dargelegt hat: Die Menschenrechtskonvention, welche der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anwendet, genießt in Deutschland keinen Verfassungsrang. Aber - auf diesen Satz werden sich die Prominenten zur Anwendung des deutschen Verfassungsrechts in Medienrechtsfällen vor allem berufen:
„Solange im Rahmen geltender methodischer Standards Auslegungs- und Abwägungsspielräume eröffnet sind, trifft deutsche Gerichte die Pflicht, der konventionsgemäßen Auslegung den Vorrang zu geben.”
Was bedeutet dieser Satz speziell für das Urteil des Straßburger Gerichts vom 24. Juni 2004, das „Caroline-Urteil” also?
Das Bundesverfassungsgericht erklärt in seiner Entscheidung vom 15. 12. 1999 verfassungsrechtlich: „Eine Begrenzung der Bildveröffentlichungen auf die Funktion einer Person von zeitgeschichtlicher Bedeutung würde demgegenüber das öffentliche Interesse, welches solche Personen berechtigterweise wecken, unzureichend berücksichtigen und zudem eine selektive Darstellung begünstigen, die dem Publikum Beurteilungsmöglichkeiten vorenthielte, die es für Personen des gesellschaftlich-politischen Lebens wegen ihrer Leitbildfunktion und ihres Einflusses benötigt.”
Das BVerfG hat sich bei dieser (hier zitierten) Kernaussage so ausgedrückt, dass sie als solche verbindlich ist. Es hat insoweit nicht eingeschränkt, die Verfassung lasse nach den geltenden methodischen Standards auch eine andere Auslegung bzw. Abwägung zu. Demnach müsste der Kern der bisherigen deutschen Rechtsprechung nach wie vor unangreifbar sein, so dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte insoweit nicht greift.
Sie können hier den heute bekanntgegebenen Beschluss des BVerfG nachlesen.