Oberlandesgericht München, Beschluss vom 13.01.2021, Az. 20 W 1742/20. Eine erhebliche Verzögerung bei Erstellung eines Gutachtens durch Sachverständigen rechtfertigt allein keine Besorgnis der Befangenheit.
Der Fall, wie ihn das OLG schildert:
In dem seit November 2014 anhängigen selbständigen Beweisverfahren behaupten die Antragsteller umfangreiche Mängel bei der Errichtung ihres Einfamilienhauses.... Außerdem behaupten sie eine fehlerhafte Heizkreisberechnung bzw. fehlerhafte Beratung. Im Verlauf des Verfahrens erweiterten die Antragsteller mehrfach ihren Antrag. Entsprechende Beweisbeschlüsse ergingen am 05.03.2015, 18.03.2016 und 29.01.2018.
Nachdem der zunächst bestellte Sachverständige mitgeteilt hatte, dass er das Gutachten nicht zeitnah erstellen könne, wurde mit Beschluss vom 30.07.2015 ein anderer Sachverständiger, der Sachverständige E. beauftragt.
Bei der Erstellung des Gutachtens kam es zu Verzögerungen. Deshalb setzte das Landgericht mit Beschlüssen vom 9.8.2017 und 15.3.2017 gegen den Sachverständigen jeweils ein Ordnungsgeld fest.
Am 21.03.2018 legte der Sachverständige sein Gutachten vom 13.03.2018 vor. Dieses wurde der zu jenem Zeitpunkt noch nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin am 27.03.2018 förmlich zugestellt. Zugleich wurde den Parteien gemäß § 411 Abs. 4 ZPO eine Frist bis zum 30.04.2018 für Einwendungen bzw. die Stellung von Ergänzungsfragen gesetzt. Mit Schriftsatz vom 18.04.2018 bestellte sich der nunmehrige Prozessbevollmächtigte für die Antragsgegnerin zu 4). Mit einem vom 28.04.2018 datierenden Schriftsatz, welcher aber bereits am 24.04.2018 bei Gericht einging, stellte die Beschwerdeführerin unter acht Gliederungsziffern mehrere Ergänzungsfragen. Auch die Antragsgegnerinnen zu 1) und 5) sowie die Antragsteller richteten zahlreiche Ergänzungsfragen an den Sachverständigen. Insoweit erging am 13.12.2018 ein weiterer Beweisbeschluss, mit dem der Sachverständige mit der Erstellung eines Ergänzungsgutachtens beauftragt wurde.
Auch die Erstellung des Ergänzungsgutachtens verzögerte sich. Deshalb erging am 04.02.2020 ein erneuter Ordnungsgeldbeschluss. Das Ergänzungsgutachten legte der Sachverständige sodann am 08.06.2020 vor. Dieses wurde der Beschwerdeführerin am 30.06.2020 zugestellt. Zugleich wurde den Parteien eine Frist bis 15.07.2020 für Einwendungen und Ergänzungsfragen gesetzt.
Da es bei der Erstellung des Gutachtens zu erheblichen Verzögerungen kam, wurde der Sachverständige E. von einer der Parteien als befangen abgelehnt.
Die Entscheidung des Landsgerichts Landshut
Das Landgericht Landshut lehnte den Befangenheitsantrag ab. Die lange Verfahrensdauer wegen der verzögerten Bearbeitung durch den Sachverständigen treffe alle Parteien gleichermaßen, so das Gericht. Eine einseitige Nähe des Sachverständigen zu einem Verfahrensbeteiligten sei nicht ersichtlich. Gegen die Entscheidung wurde von der ablehnenden Partei sofortige Beschwerde eingelegt.
Der Beschluss des OLG München
Das Oberlandesgericht München bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Begründung: Es ist zwar zutreffend, dass die durch den Sachverständigen verursachten erheblichen Verfahrensverzögerungen nicht akzeptabel seien. Sie begründen aber noch nicht die Besorgnis der Befangenheit. Auch die stark verzögerte Erstellung eines Gutachtens stellt im Allgemeinen keinen Ablehnungsgrund dar.
Zudem hat der Sachverständige nachvollziehbare Gründe für die Verzögerung bei der Gutachtenerstellung angegeben, wie etwa Arbeitsüberlastung sowie organisatorische Umstellung des Sachverständigen-Büros auf Homeoffice wegen der Corona-Pandemie. Zu beachten ist schließlich, dass die Verzögerungen zum nicht unerheblichen Teil auch auf dem Prozessverhalten der Beteiligten beruhen.
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