Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.12.2020- 10 A 179/20 -

Im Rahmen unserer Beiträge am Wochenende zum „Recht in Garten und Nachbarschaft” (Titel eines von unserer Kanzlei herausgegebenen Buches) haben wir am 30.1. bereits über eine rechtsähnliche Entscheidung dieses OVG vom 17.12.2021 mit dem Az. 7 B 1616/20 berichtet.

Leitsatz 

Kommt es durch ein neues Bauvorhaben zu einer Einsichtmöglichkeit auf ein benachbartes Grundstück, so liegt darin kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Ein Nachbar hat keinen Anspruch darauf, dass ihm Freiflächen verbleiben, die von Blicken Dritter entzogen sind. Dies hat das Ober­verwaltungs­gericht Nordrhein-Westfalen entschieden.

Sachverhalt
Im Jahr 2018 genehmigte die zuständige Behörde die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit drei Wohneinheiten in einem Ort in Nordrhein-Westfalen. Die Eigentümer des benachbarten und mit einem Einfamilienhaus versehenen Grundstücks erhoben gegen die Baugenehmigung Klage. Sie führten unter anderem an, dass durch das Bauvorhaben eine Einsichtmöglichkeit auf ihr Grundstück bestehe und somit ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vorliege. Tatsächlich erlaubten die im Bauvorhaben geplanten Fenster im ersten Obergeschoss und im Dachgeschoss sowie die umlaufende Dachterrasse einen Blick in Fenster des Wohnhauses der Kläger sowie auf ihre Terrasse und in den Gartenbereich.
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen verneinte ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot und wies die Klage daher ab... Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen ließ die Berufung nicht zu.

Begründung

Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme nicht vorliege. Gewähren Fenster, Balkone oder Terrassen eines neuen Gebäudes bzw. Gebäudeteils den Blick auf ein Nachbargrundstück, sei deren Ausrichtung, auch wenn der Blick von dort in einen Ruhebereich des Nachbargrundstücks fällt, nicht aus sich heraus rücksichtslos. Es sei in bebauten Gebieten üblich, dass infolge einer solchen Bebauung erstmals oder zusätzlich Einsichtsmöglichkeiten entstehen. Dies sei regelmäßig hinzunehmen. Ein Grundstückseigentümer oder -nutzer können nicht beanspruchen, dass ihm auf den Freiflächen seines Grundstücks ein den Blicken Dritter entzogener Bereich verbleibt.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
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