Kanzleiorganisation: Bundesgerichtshof Beschluss vom 12.1.2021, Az. XI ZB 25/19.

Der Fall

Das AG Düsseldorf hatte eine Klage abgewiesen. Dagegen wurde Berufung eingelegt. Am letzten Tag der Begründungsfrist übermittelte die Anwältin des Klägers per Fax einen elfseitigen Schriftsatz an das LG Düsseldorf. Unterschrieben war er auf der letzten Seite. Diesen teilte die Anwältin in zwei Sendungen auf. Laut Sendebericht ihres Geräts wurden die ersten fünf Seiten um 16.50 Uhr und die Seiten 6 bis 11 um 16.54 Uhr versandt. Der erste Teil wurde zur Akte genommen, der Verbleib des zweiten konnte nicht geklärt werden. Das Original der Begründung ging vier Tage später beim LG ein. Trotz Vorlage der Sendeberichte und Hinweis darauf, dass eine Aufteilung in zwei Vorgänge technisch notwendig gewesen sei, verwarf das LG die Berufung, da der vordere Abschnitt nicht unterschrieben gewesen sei. Das Endstück sei zwar bei Gericht eingegangen, aber gerade bei einem "größeren Landgericht" könne durch die Vielzahl der eingehenden Faxe nicht mit einer Zuordnung von Einzelteilen eines Schriftsatzes gerechnet werden.

Begründung

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für den rechtzeitigen Eingang eines per Telefax übermittelten Schriftsatzes allein darauf an, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Empfangsgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) wurden, während der Zeitpunkt des Ausdrucks unerheblich ist (BGH, Beschlüsse vom 25. April 2006 - IV ZB 20/05, BGHZ 167, 214 Rn. 15 ff., vom 8. Mai 2007 - VI ZB 74/06, NJW 2007, 2045 Rn. 12, vom 17. April 2012 - XI ZB 4/11, juris Rn. 19 und vom 24. September 2019 - XI ZB 9/19, juris Rn. 16). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind vorliegend sämtliche Seiten der Berufungsbegründung, einschließlich der unterschriebenen Seite 11, am 16. Mai 2019 von dem Faxgerät des Berufungsgerichts empfangen worden. Damit ist die Berufungsbegründung rechtzeitig bei dem Berufungsgericht eingegangen (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 f.). Dagegen ist unerheblich, wann bzw. ob der Ausdruck zur Geschäftsstelle gelangt und zur Gerichtsakte genommen worden ist (vgl. BVerfG, NJW 2013, 925; BGH, Beschluss vom 15. April 1982 - IVb ZB 60/82, VersR 1982, 673, Urteil vom 1. März 2004, aaO S. 931 und Beschluss vom 25. Januar 2017 - XII ZB 567/15, NJW-RR 2017, 385 Rn. 7).

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat der Umstand, dass die elf Seiten in zwei Teilen übermittelt worden sind, nicht zur Folge, dass die Vorgaben aus § 520 Abs. 5 ZPO in Verbindung mit § 130 Nr. 6 ZPO nicht eingehalten wären. Nach den vom Kläger vorgelegten Sendeberichten ist die Übermittlung innerhalb eines Zeitraums von sechs Minuten mit einem zeitlichen Abstand von etwa zwei Minuten erfolgt. Die Ausdrucke der in der Berufungsinstanz tatsächlich zur Akte genommenen Telefaxe enthalten am oberen Rand neben Datum und Uhrzeit der Übermittlung auch die Telefaxnummer und den Namen der Prozessbevollmächtigten des Klägers. Anhand dieser Angaben, des einheitlichen Schriftbildes, des Briefkopfes auf Seite 1, der lesbaren Unterschrift mit maschinenschriftlicher Wiederholung des Namens der Rechtsanwältin auf der letzten Seite und angesichts des engen zeitlichen Zusammenhangs wäre es möglich gewesen, die zweite Sendung, die aufgrund der fortlaufenden Nummerierung der Seiten in der Fußzeile als Fortsetzung eines Schriftsatzes erkennbar war, der ersten Sendung zuzuordnen.

Prof. Dr. Robert Schweizer

Prof. Dr. Robert Schweizer

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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