Bundesgerichtshof Urteil vom 27. November 2020, Az. V ZR 121/19. Auf der Homepage des BGH ist das Urteil noch nicht zu finden, weil es noch nicht gedruckt ist.

Für diesen Unterlassungsanspruch muss der beeinträchtigte Nachbar nicht nachweisen, dass sein Nachbar schuldhaft gehandelt hat. In dem heute entschiedenen Fall geht es um einen offenen Stall zur Pferdehaltung. Verstoßen wurde gegen das öffentlich-rechtliche Gebot der Rücksichtnahme.

In der Mitteilung des BGH wird das nun rechtskräftige Urteil rechtlich so begründet:

Die Klägerin hat aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 analog i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB und dem öffentlich-rechtlichen Gebot der Rücksichtnahme einen Anspruch darauf, dass die Beklagte zu 1 die Haltung von Pferden in dem Offenstall auf ihrem Grundstück unterlässt. Die Verletzung nachbarschützender Vorschriften des öffentlichen Baurechts kann einen solchen verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch des Nachbarn begründen. Zu solchen Normen zählt das Gebot der Rücksichtnahme. Dass die Errichtung und die zweckgemäße Nutzung des Offenstalls im Verhältnis zu der Klägerin gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßen, steht aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts mit Bindungswirkung für den Zivilprozess fest. Damit stellt die Pferdehaltung in dem Stall zivilrechtlich im Verhältnis zur Klägerin einen Verstoß gegen ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB dar, sodass diese einen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog auf Unterlassung dieser Nutzung des Stalls hat. Für das Vorliegen der für den Unterlassungsanspruch erforderlichen Wiederholungsgefahr spricht aufgrund der bereits erfolgten rechtswidrigen Nutzung des Stalls eine tatsächliche Vermutung, die nach rechtsfehlerfreier Würdigung des Berufungsgerichts selbst dann nicht widerlegt wäre, wenn die Beklagte zu 1 seit 2016 keine Pferde mehr in den Stall eingestellt haben sollte.

Der Fall

Die Bauaufsichtsbehörde lehnte im September 2013 die Erteilung einer Baugenehmigung ab. Die Klage wies das Verwaltungsgericht 2016 mit der Begründung ab, der Offenstall lasse die gebotene Rücksichtnahme auf das Wohnhaus der – dort beigeladenen –  Klägerin vermissen. Hierbei falle insbesondere ins Gewicht, dass sich der Stall unmittelbar an der Grenze zum Grundstück der  Klägerin in einer Entfernung von etwa 12,5 m zu deren Ruheräumen befinde und die Boxen mit dem Auslauf zum Wohnhaus ausgerichtet seien.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
zertifizierte Datenschutzbeauftragte (DSB-TÜV)
Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

TELEFON:

+49.89.9280850

E-MAIL:

as@schweizer.eu

Zum Profil