EuGH Urteil vom 11.11.2020 in der Rechtsache C 61/19. „Echte Wahlfreiheit” fordert der EuGH für die Einwilligung.
Das Urteil schließt:
„Der Gerichtshof kommt daher zu dem Ergebnis, dass ein Vertrag über die Erbringung von Telekommunikationsdiensten, der die Klausel enthält, dass die betroffene Person über die Sammlung und die Aufbewahrung einer Kopie ihres Ausweisdokuments mit Identifikationsfunktion informiert worden ist und darin eingewilligt hat, nicht als Nachweis dafür geeignet ist, dass diese Person ihre Einwilligung in die Sammlung und Aufbewahrung dieser Dokumente gültig erteilt hat, wenn
a) das Kästchen, das sich auf diese Klausel bezieht, von dem für die Verarbeitung der Daten Verantwortlichen vor Unterzeichnung dieses Vertrags angekreuzt worden ist oder
b) die Vertragsbestimmungen dieses Vertrags die betroffene Person über die Möglichkeit, den Vertrag abzuschließen, auch wenn sie sich weigert, in die Verarbeitung ihrer Daten einzuwilligen, irreführen können oder
c) die freie Entscheidung, sich dieser Sammlung und Aufbewahrung zu widersetzen, von diesem Verantwortlichen ungebührlich beeinträchtigt wird, indem verlangt wird, dass die betroffene Person zur Verweigerung ihrer Einwilligung ein zusätzliches Formular unterzeichnet, in dem diese Weigerung zum Ausdruck kommt.”
Anmerkungen
1. Das entscheidende Schlagwort ist: Das Urteil soll der „Sicherstellung einer echten Wahlfreiheit” dienen. Dieses Schlagwort erscheint auch in der Pressemitteilung des EuGH. Es beherrscht das gesamte Datenschutzrecht zur Einwilligung. Wir haben bereits mehrfach gewarnt, dass schnell zur Einwilligung gehaftet wird. So etwa, wenn Adressen oder andere Daten von Adresshändlern oder sonst von Unternehmen erworben werden, die sich ohne echte Wahlfreiheit diese Daten beschaffen; so etwa Online bei fehlender echter Wahlfreiheit. Unternehmen, die so beschaffte Daten verwerten, können sich beispielsweise nicht darauf berufen, Direktmarketing sei doch ein berechtigtes Interesse und deshalb datenschutzrechtlich erlaubt. Direktmarketing mit ungültigen Daten erlaubt die DatenschutzgrundVO eben doch nicht. Verstöße können in die Millionen gehen.
2. Unionsrechtliche Grundlagen für die Entscheidung sind:
Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. 1995, L 281, S. 31) und Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (ABl. 2016, L 119, S. 1).
Rechtsanwältin
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