Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 12.11.2020, also heute, Az. 2 C 5.19. Hervorhebungen, wie meist, von uns:

Begründung

Im maßgeblichen Zeitraum der Geltungsdauer der Auflage von Oktober 2014 bis Mai 2015 gab es in Bayern die erforderliche gesetzliche Grundlage für den mit einer Auflage verbundenen Eingriff in die Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) noch nicht. Diese gesetzliche Grundlage ist erst im Jahr 2018 mit Art. 11 Absatz 2 Bayerisches Richter- und Staatsanwaltsgesetz i.V.m. Art. 57 Bayerisches Gerichtsverfassungsausführungsgesetz geschaffen worden.

Der Fall, wie ihn das BVerwG in einer Pressemitteilung zusammen fasst:

Die Klägerin, eine Juristin mit erstem Staatsexamen, ist muslimischen Glaubens und trägt als Ausdruck ihrer religiösen Überzeugung ein Kopftuch. Im September 2014 wurde sie in Bayern zu dem im Oktober beginnenden juristischen Vorbereitungsdienst mit der Auflage zugelassen, dass „bei Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung (z.B. Wahrnehmung des staatsanwaltlichen Sitzungsdienstes, Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen in der Zivilstation) keine Kleidungsstücke, Symbole und andere Merkmale getragen werden dürfen, die objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung zu beeinträchtigen.“ Der Widerspruch der Klägerin gegen die Auflage blieb erfolglos. Nach der Klageerhebung hob der Beklagte - acht Monate nach Beginn des Referendariats - die Auflage auf, weil die Strafrechtsstation mittlerweile beendet und die Auflage daher nicht mehr erforderlich sei.

Anmerkung

Das BVerwG setzt sich demnach nicht inhaltlich mit den schon früher erlassenen Entscheidungen auseinander. Vgl. zu ihnen teilweise hier bei unseren aktuellen Meldungen in der Suchfunktion z. B. unter „Halstuch”. Das Urteil leitet aus Art. 4 GG einen Gesetzesvorbehalt ab. Da eine gesetzliche Grundlage für den entschiedenen Fall fehlte, erübrigte sich für das Bundesverwaltungsgericht, dem inhaltlichen Streit nachzugehen. 

Art. 4, auf den sich das Urteil stützt, legt fest:

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) 1Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. 2Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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