Verwaltungsgericht Hannover, Beschluss vom 20.10.2020, - 6 B 5352/20 - Hervorhebungen von uns.

Der Fall

Nach einem Autorennen hatte sich ein Unfall ereignet. Ein Journalist erkundigte sich nach der Staatsangehörigkeit einer der Unfallbeteiligten. Die Polizeidirektion Hannover verweigerte die Auskunft. Begründung: Bei der Staatsangehörigkeit handele es sich um ein personenbezogenes Datum. Deshalb stehe § 4 Abs. 2 Nr. 3 des Niedersächsischen Pressegesetzes (NPresseG)  einer Auskunft entgegen.

Der Journalist wandte dagegen ein, ihm sei als Gerichtsreporter in der Vergangenheit aufgefallen, dass an illegalen Straßenrennen oftmals junge Männer teilnähmen, die häufig einen Migrationshintergrund hätten.

Die Entscheidung

Aus § 4 Abs. 1 NPresseG ergibt sich ein Auskunftsanspruch. Es besteht ein öffentliches Informationsinteresse zur Teilnahme an verbotenen Kraftfahrzeugrennen. Dies hat sich in der Vergangenheit beispielsweise an dem Berliner „Ku’damm-Raser-Fall“ gezeigt. Neben dem generellen öffentlichen Interesse an medialen Berichten besteht darüber hinaus auch ein  Informationsinteresse in Bezug auf die Staatsangehörigkeit(en) der beteiligten Beschuldigten. Mit Berichterstattungsauszügen zu früheren Fällen wurde glaubhaft gemacht, dass der soziokulturelle Hintergrund zur Feststellung etwaiger Häufungen solcher Fälle von Bedeutung sein kann. Das private Interesse des Beschuldigten daran, dass seine Staatsangehörigkeit nicht offengelegt werde, überwiege nicht gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit.

Dieses Urteil dürfen die Beteiligten durch eine Beschwerde zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht prüfen lassen.

Anmerkung

Die vom Gericht herangezogene Rechtsgrundlage, Niedersächsisches Pressegesetz, bestimmt:

§ 4 Informationsrecht der Presse.

(1) Die Behörden sind verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen.

(2) Auskünfte können verweigert werden, soweit

durch sie die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder
ihnen Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen oder
sie ein überwiegenden öffentliches oder ein schutzwürdiges privates Interesse verletzen würden oder
ihr Umfang das zumutbare Maß überschreitet.
(3) Allgemeine Anordnungen, die einer Behörde Auskünfte an die Presse verbieten, sind unzulässig.

 

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
zertifizierte Datenschutzbeauftragte (DSB-TÜV)
Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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