Bundesgerichtshof Urteil vom 25.8.2020, Az. VI ZB 79/19. Ein verhältnismäßig einfacher Fall, aber doch - so auch ausdrücklich der BGH - von grundsätzlicher Bedeutung. Das Gericht hatte es versäumt, das auf dem beA eingegangene Dokument auszudrucken.

Rechtsgrundlage sind Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. „Die Gerichte dürfen aus eigenen oder ihnen zurechenbaren Fehlern, Unklarheiten oder Versäumnissen für die Beteiligten keine Verfahrensnachteile ableiten. Allgemein sind sie zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation verpflichtet. Außerdem dürfen sie den Zugang zu den den Rechtsuchenden eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. BVerfGE 110,339).” 
Mit diesen Anforderungen ist die angefochtene Entscheidung nicht vereinbar.

Der Fall, wie ihn der BGH schildert:
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers mangels Begründung als unzulässig verworfen, obwohl die Berufungsbegründung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist bei Gericht eingegangen war. Der Kläger hatte den Begründungschriftsatz als elektronisches Dokument über das besondere elektronische Anwaltspostfach an das EGVP des Berufungsgerichts übermittelt; das Dokument war auf dem für den Empfang bestimmten Server des Gerichts gespeichert worden. Dies genügte zur Fristwahrung (§ 130a Abs. 5 Satz 1 ZPO; vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 2020 - X ZR 119/18).

Die Schlussfolgerung

Der Umstand, dass das elektronische Dokument weder von einem Client-Rechner des Berufungsgerichts abgeholt noch ausgedruckt worden war, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Hierbei handelt es sich um gerichtsinterne Vorgänge, die für den Zeitpunkt des Eingangs des Dokuments nicht von Bedeutung sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 2020 - X ZR 119/18 und vom 28. Mai 2020 - I ZR 214/19). 

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

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