Verwaltungsgericht Berlin Beschluss vom 4.4.2020, Az. VG 11 L 205/20.

Anmerkung vorab: Der Begriff „Pop-up-Bike-Lane“ entstand in Nordamerika für kurzfristige Maßnahmen der  Radverkehrsinfrastruktur. Man kann auch formulieren: Einstweilige Radwege. Rechtsgrundlage ist der nur schwer lesbare § 45 StVO und dort Abs. 9 Satz 4. Definiert wird auch: „kurzfristig eingerichtete Radwege" oder „temporäre Radwege”. Vorteilhaft ist, dass die Pop-up-Radwege ohne längere Planungszeit eingerichtet werden können. Unterschieliche Ansichten zur Zulässigkeit werden vertreten, insbesondere gegenwärtig im Hinblick auf die Corona-Pandemie.

Begründung durch das VG Berlin

Radwege dürfen nur dort angeordnet werden, wo Verkehrssicherheit, Verkehrsbelastung und/oder der Verkehrsablauf ganz konkret auf eine Gefahrenlage hinwiesen und die Anordnung damit zwingend erforderlich ist.

Eine solche Gefahrenlage habe der Antragsgegner nicht dargelegt, sondern sei fälschlich davon ausgegangen, er müsse keine Gefahrenlage begründen. Tatsachen, die auf eine konkrete Gefahr für den Radverkehr auf den betroffenen Straßenabschnitten hindeuteten, ließen sich der Begründung zur Anordnung nicht entnehmen. Insbesondere könne die Pandemie nicht zum Anlass der Anordnungen genommen werden, da es sich dabei nicht um verkehrsbezogene Erwägungen handele. Die weitere Begründung der Senatsverwaltung bleibe ohne konkrete Belege und gehe über allgemeine, an einer Vielzahl von Straßenzügen gültige Situationsbeschreibungen nicht hinaus. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

Der Fall

Im zeitlichen Zusammenhang mit der SARS-CoV-2-Pandemie ordnete die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in Berlin die Einrichtung von Pop-up-Radfahrstreifen an. Zur Begründung gab sie im Wesentlichen an, in der Pandemie sei es erforderlich, die systemrelevante Mobilität zu gewährleisten. Ein Großteil der Berliner verfüge über kein Auto und in öffentlichen Verkehrsmitteln sei der Mindestabstand kaum einzuhalten. Das rechtfertige es, beschleunigt und gegebenenfalls provisorisch Radwege zu schaffen. Diese seien geeignet, die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu verbessern.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit Klage und Eilantrag. Er meint, die Radwege entbehrten einer Rechtsgrundlage. Auch hätte es einer Teileinziehung der Straßen bedurft, die fehle. Zudem dürften Radwege innerhalb geschlossener Ortschaften nur außerhalb von Fahrbahnen errichtet werden. Verkehrsfremde Erwägungen wie die Pandemie könnten zur Begründung nicht herangezogen werden. Eine konkrete Gefahrenlage, die Voraussetzung für Fahrradwege sei, habe die Senatsverwaltung nicht dargelegt.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

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