Bundesverfassungsgericht Urteil vom 09. Juni 2020 Az. 2 BvE 1/19

Es ist ganz einfach. Die AfD wendet das Rezept schon seit einiger Zeit vor anderen Gerichten vor allem gegen Oberbürgermeister an. Nun vor dem Bundesverfassungsgericht gegen Bundesinnenminister Seehofer. Verstöße gegen das Gebot amtlicher Neutralität durch Verwendung amtlicher Ressourcen und das Gebot der Sachlichkeit Verletzung - so das BVerfG - des Rechts der AfD auf gleichberechtigte Teilnahme am politischen Wettbewerb. Ob die Äußerungen im politischen Wettbewerb unsachlich waren, darüber wird sich streiten lassen.

Begründung

Entscheidend ist allein, dass der Antragsgegner [Bundesinnenminister Seehofer] staatliche, der Antragstellerin nicht zur Verfügung stehende Ressourcen eingesetzt hat, um die Wettbewerbslage zwischen den politischen Parteien zu deren Nachteil zu verändern. Der Antragsgegner kann sich zur Rechtfertigung auch nicht auf die Befugnis der Bundesregierung zur Informations- und Öffentlichkeitsarbeit berufen. Dabei kann dahinstehen, ob dies bereits daran scheitert, dass der Antragsgegner bei der Verteidigung des Bundespräsidenten außerhalb der ihm zustehenden Ressortzuständigkeiten gehandelt haben könnte, da die Äußerungen nicht das im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung geltenden Gebot der Sachlichkeit beachten.

Aus dem Sachverhalt

In dem Interview äußerte sich Seehofer, angesprochen auf die AfD: „Die stellen sich gegen diesen Staat. Da können sie tausend Mal sagen, sie sind Demokraten. Das haben Sie am Dienstag im Bundestag miterleben können mit dem Frontalangriff auf den Bundespräsidenten. Das ist für unseren Staat hochgefährlich. Das muss man scharf verurteilen. Ich kann mich nicht im Bundestag hinstellen und wie auf dem Jahrmarkt den Bundespräsidenten abkanzeln. Das ist staatszersetzend.“ Im weiteren Verlauf des Interviews bekundet Seehofer außerdem, dieses Vorgehen sei „einfach schäbig“ gewesen. Sodann bejaht er die Frage, ob die AfD radikaler geworden sei, und fügt hinzu: „Die sind auf der Welle, auf der sie schwimmen, einfach übermütig geworden und haben auch dadurch die Maske fallen lassen. So ist es auch leichter möglich, sie zu stellen, als wenn sie den Biedermann spielt“. Schließlich führt er aus: (…) Mich erschreckt an der AfD dieses kollektive Ausmaß an Emotionalität, diese Wutausbrüche – selbst bei Geschäftsordnungsdebatten. (…) So kann man nicht miteinander umgehen, auch dann nicht, wenn man in der Opposition ist.“

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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