Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.12.2019, Az. IX ZR 77/19, bekannt gegeben heute, 4.2.2020.

Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen.

Der Verwender muss folglich, so der BGH in seiner Urteilsbegründung, einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner soll andererseits ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte feststellen können, damit er nicht von deren Durchsetzung abgehalten wird. Dies gilt auch für die Bestimmungen zu den Hauptleistungspflichten (§ 307 Abs. 3 Satz 2 BGB; BGH, Urteil vom 6.Dezember 2018 -IX ZR 143/17). Für die Verwendung der Darlehensbedingungen gegenüber Verbrauchern sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden juristisch unvorgebildeten Durchschnittskunden maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 1988 -III ZR 288/87).

Anmerkung

Dass es auf die „Verständnismöglichkeiten des typischerweise  ... zu erwartenden juristisch unvorgebildeten Durchschnittskunden " ankommt, ist eine normative Rechtsauslegung in der Definitionsphase. Dies ist rechtsmethodisch klar. Problematisch ist nur, wie in der Durchführungsphase der nach dieser Definition erhebliche Sachverhalt ermittelt werden soll. Wie der juristisch unvorgebildete Durchschnittskunde versteht, kann ein Gericht oft nicht wissen. Wie ist mit diesem Problem umzugehen? Wir sind auf diese Frage schon oft in unseren Anmerkungen und ausführlich in unseren Abhandlungen eingegangen. Die oft verwendete Hilfslösung lässt sich bei dieser Definition nicht anwenden. Der Richter gehört eben nicht den „juristisch unvorgebildeten Kunden” an. Wenn über wichtige, weitreichende Regelungen zu entscheiden ist, bietet sich eben doch eine repräsentative Umfrage an, wie sie die Markt- und Sozialforschungsinstitute in der Praxis, angelehnt an die EuGH- und die BGH-Rechtsprechung, laufend durchführen. In dem hier vorgestellten Urteil wird nur allgemein für den Einzelfall in den RdNrn. 27 ff. überlegt:

„Der Inhalt der im Zusammenhang mit der Nachrangigkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs verwendeten Vertragsbedingungen war für die Klägerin als bei Verträgen der vorliegenden Art typischerweise zu erwartende Durchschnittskundin nicht hinreichend nachvollziehbar...”

  

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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