BGH Urteil vom 30.9.2019, Az. AnwZ (Brfg)63/17, bekannt gegeben 15.11.2019. Hervorhebungen von uns.

Rechtgrundlage § 46 Abs. 3 Nr. 4 BRAO. Die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten, kann sich im Einzelfall auch aus der selbständigen Führung von Verhandlungen oder der Wahrnehmung vergleichbarer Tätigkeiten ergeben. Weder der Wortlaut des § 46 Abs. 3 Nr. 4 BRAO verlangt eine Allein- oder Gesamtvertretungsbefugnis. Genausowenig die Entstehungsgeschichte.

Ausschlaggebend ist der Vergleich des im Einzelfall ohne förmliche Vertretungsbefugnis tätigen Syndikusrechtsanwalts mit einem externen Rechtsanwalt, der mit der Führung außergerichtlicher Verhandlungen beauftragt wird. Der externe Rechtsanwalt wird regelmäßig seine Verhandlungsergebnisse vor Abschluss verbindlicher Vereinbarungen dem Auftraggeber vorstellen und sich dessen Zustimmung versichern. Ob im Anschluss hieran der Auftraggeber selbst oder aber der beauftragte externe Rechtsanwalt für diesen als Vertreter die ausgehandelte Vereinbarung verbindlich abschließt, kann die Bewertung der Tätigkeit des externen Rechtsanwalts bei der vorherigen Aushandlung des Entscheidungsvorschlags rückwirkend nicht mehr beeinflussen. Bei der Bewertung einer gleichartigen Tätigkeit eines bei dem Auftraggeber angestellten Syndikusrechtsanwalts verhält es sich im Ergebnis nicht anders.

Anmerkungen

1.

§ 46 Abs. 3 Nr. 4 BRAO legt fest:

(3) Eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch folgende fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten sowie durch folgende Merkmale geprägt ist:

1. ...
2. ...
3. ...
4.
die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.

2.

Das Arbeitsverhältnis ist im entschiedenen Fall auch durch die in § 46 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 BRAO bezeichneten Tätigkeiten geprägt.
Der Anwaltssenat hat dazu diese beiden Leitsätze vorangestellt:

a) Für die anwaltliche Prägung des Arbeitsverhältnisses ist entscheidend, dass die anwaltliche Tätigkeit den Kern oder Schwerpunkt der Tätigkeit darstellt, mithin das Arbeitsverhältnis durch die anwaltliche Tätigkeit be-herrscht wird.
b) Ein Anteil von 65 % anwaltlicher Tätigkeit liegt am unteren Rand des für eine anwaltliche Prägung des Arbeitsverhältnisses Erforderlichen.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
zertifizierte Datenschutzbeauftragte (DSB-TÜV)
Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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