Bundesgerichtshof Beschluss vom 19. September 2019, Az. I ZR 2918, bekannt gegeben gestern, 4.11.2019, Hervorhebungen von uns.

Der BGH setzt seine Rechtsprechung fort. Seinem Urteil vom 25. Juli 2019 - I ZR 29/18 hatte der BGH bereits den Leitsatz voran gestellt:

Wird eine Marke in Anzeigen nach einer Google-Suche aufgrund der konkreten Gestaltung irreführend verwendet, so dass Kunden durch die auf diese Weise ausgebeutete Werbewirkung der Marke (auch) zum Angebot von Fremdprodukten geleitet werden, kann sich der Markeninhaber dieser Verwendung der Marke widersetzen.

Die neue Entscheidung zu einer Anhörungsrüge von Amazon gegen das Urteil vom 25. Juli 2019. Nochmals der Sachverhalt: 

Die Klägerin ist Herstellerin wasserdichter Taschen und Transportbehälter, die sie unter der Bezeichnung Ortlieb vermarktet. Sie beruft sich auf eine exklusive Lizenz an der deutschen Wortmarke "ORTLIEB".

Die Beklagten sind Gesellschaften des Amazon-Konzerns. 

Die Klägerin wendet sich dagegen, dass bei Eingabe der Suchbegriffe "Ortlieb Fahrradtasche", "Ortlieb Gepäcktasche" und "Ortlieb Outlet" in die Google-Suchfunktion Anzeigen unter Verwendung des Zeichens "Ortlieb" erscheinen, die mit Angebotslisten auf www.amazon.de verlinkt sind, in denen neben Ortlieb-Produkten auch Produkte anderer Hersteller erscheinen. Die Klägerin selbst bietet ihre Produkte nicht über die Plattform "amazon.de" an. Sie sieht in den mit gemischten Angebotslisten verlinkten Anzeigen eine Verletzung des Rechts an der Marke "ORTLIEB" und nimmt die Beklagten auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlicher Kosten in Anspruch.

... Aufgrund der konkreten Gestaltung der Anzeigen erwarte der angesprochene Verkehr, dass ihm beim Anklicken ausschließlich zur Anzeige passende Angebote der dort beworbenen Ortlieb-Produkte gezeigt würden. Mit der Verlinkung auch auf Angebote von Produkten anderer Hersteller nutzten die Beklagten die Lotsenfunktion der Marke aus.

Mit ihrer vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihre Klageabweisungsanträge weiter.

Die Begründung des BGH mit der Lotsenfunktion auch im neuen Urteil zur Anhörungsrüge

Die Irreführung ergibt sich aus der (enttäuschten) Erwartung des Verkehrs, es werde eine markenreine Trefferliste angezeigt. Das hat das Berufungsgericht festgestellt, soweit es ausgeführt hat, dem Verkehr werde durch die Gestaltung der streitgegenständlichen Anzeige suggeriert, dass er durch Anklicken der Anzeige zu der Webseite www.amazon.de gelange und zwar dort zu einer Zusammenstellung von Angeboten, die die genannten Kriterien erfüllten, somit zu entsprechenden Produkten der Marke Ortlieb (OLG München).

Anmerkung

Wir publizieren dieses Urteil zum einen wegen des instruktiven Schlagworts „Lotsenfunktion” und zum anderen, um den Zusammenhang der Amazon-Entscheidungen aufzuzeigen. Sowie: Interessieren kann, dass Amazon auch noch in offenkundig aussichtsloser Lage die Möglichkeiten des Rechtsstaats bis zum Letzten beansprucht. Es fehlt nur noch ein Versuch beim  Bundesverfassungsgericht und ein Gang nach Straßburg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Zur Vermeidung von Missverständnissen: Unsere Kanzlei hat nichts mit den Parteien zu tun.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
zertifizierte Datenschutzbeauftragte (DSB-TÜV)
Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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