Verwaltungsgericht Karlsruhe, Beschluss vom 16.9.2019, Az. 3 K 5407/19, Hervorhebungen von uns.
Verbraucherinformationsgesetz schlägt Datenschutz, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Kurz: Die Betreiberin eines Lebensmittelmarkts in Karlsruhe (Antragstellerin) ist vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe damit gescheitert, die Erteilung einer Auskunft über den Markt betreffende lebensmittelrechtliche Betriebsüberprüfungen durch die Stadt Karlsruhe (Antragsgegnerin) vorübergehend unterbinden zu lassen.
Der Fall
Bei der Antragsgegnerin beantragte eine Privatperson über das Internetportal „Topf Secret“, Informationen zu lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen im Markt der Antragstellerin herauszugeben. Gegen den stattgebenden, bislang aber noch nicht durch die begehrte Informationserteilung umgesetzten Bescheid der Antragsgegnerin legte die Antragstellerin Widerspruch ein und beantragte beim Verwaltungsgericht, die gesetzlich ausgeschlossene aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen. Diesen Antrag hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts nun abgelehnt.
Begründung
Die angefochtene Verfügung sei voraussichtlich rechtmäßig. Die Privatperson könne wohl nach dem mit höherrangigem Recht in Einklang stehenden Verbraucherinformationsgesetz verlangen, über die Nichteinhaltung lebensmittelrechtlicher Vorschriften informiert zu werden. Der jedermann zustehende Informationsanspruch ist, so der Beschluss, weder auf produktbezogene Informationen beschränkt, noch muss durch einen Verwaltungsakt festgestellt sein, dass von lebensmittelrechtlichen Vorschriften durch Verwaltungsakt abgewichen worden ist. Gründe, den Informationszugang zu versagen, wie etwa der Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, liegen in diesem Fall nicht vor. Auch der Umstand, dass die gewährten Informationen über das Internetportal „Topf Secret“ einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können, steht einem Anspruch nicht entgegen. Gegen eine solche Veröffentlichung kann die betroffene Antragstellerin zivilgerichtlich vorgehen.
Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Er kann beim Verwaltungsgerichtshof angegriffen werden.
Anmerkung
Auch diese Entscheidung zeigt, wie sich Wertvorstellungen geändert haben. So, wie nach der Rechtsprechung, auch des Bundesverfassungsgerichts, weitgehend frei bewertet und schädigend veröffentlicht werden darf, steht es Einzelnen frei, Dritte herabzusetzen. Mit denunzieren durch einen Einzelnen kann es beginnen. Es gibt zwar Grenzen wie Schmähkritik und den rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Aber, wie schwierig es ist, sich mit diesem Grundsatz zu verteidigen, zeigt sich täglich. Nicht jeder Betroffene kann sich wehren und bekommt das Recht, das ihm die große Mehrheit zubilligen würde; und oft genug ist die Belastung unumkehrbar in den Brunnen gefallen. Gegenwärtig steht im Brennpunkt beispielsweise das Urteil des Landgerichts Berlin vom 19.9.2019, Az. 27 AR 17/19, nach dem sich die Bundestagsabgeordnete Künast über facebook von einem Einzelnen beschimpfen lassen muss: „Drecks Fotze“, „Stück Scheiße“, „Schlampe“. Sicher, das Urteil des LG Karlsruhe betrifft einen völlig anderen Streitggegenstand. Aber, es geht um die Tendenz.
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
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