BGH, Beschluss vom 14. Februar 2019 - I ZB 34/17: „KNEIPP” gewinnt gegen „Kneipp-Aktionstage”. Urteil vom BGH bekannt gegeben gestern, 28.8.2019.

Leitsatz
Die Feststellung, dass ein Name als Synonym für eine bestimmte Methode benutzt wird und sich zu einer Gattungsbezeichnung entwickelt hat, unterliegt strengen Anforderungen. Solange noch ein beteiligter Verkehrskreis an der Bedeutung des Wortes als Hinweis auf die Herkunft der Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Betrieb festhält, kann von einer solchen Entwicklung nicht ausgegangen werden.
Vorgeschichte
Die Widersprechende hat im Mai 2011 Widerspruch aus ihrer im Mai 1996 angemeldeten und im April 1998 eingetragenen Wortmarke „KNEIPP" gegen die im Oktober 2010 angemeldete und im Februar 2011 in des Register eingetragene Wortmarke &8222Internationale Kneipp-Aktionstage" eingelegt. Erfolglos. Selbst das Bundespatentgericht hatte noch angenommen, das Deutsche Patent- und Markenamt habe den Widerspruch aus der Wortmarke „KNEIPP" zu Recht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen. Anders nun der BGH.
Aus der umfangreichen Begründung
Es besteht Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr.2 MarkenG. Die Widerspruchsmarke ist in dem beim Deutschen Patent- und Markenamt geführten Register eingetragen worden. Ihr kann deshalb nicht jeglicher Schutz mit der Begründung versagt werden, sie sei originär nicht unterscheidungskräftig.Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob sich ein Name zu einer gebräuchlichen Bezeichnung entwickelt hat, ist die Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise. Zu ihnen zählen nicht nur Verbraucher und Endabnehmer, sondern je nach Marktmerkmalen auch die am Vertrieb einer Ware oder Dienstleistung beteiligten Gewerbetreibenden wie Händler, Hersteller und Zwischenhändler.
Wird ein Name als Synonym für eine bestimmte Methode benutzt, entfaltet er im Zusammenhang mit den entsprechenden Dienstleistungen - auch schon ohne im Verkehr durchgesetzt zu sein - eine beschreibende Funktion.
Das Bundespatentgericht hat zwar angenommen, sowohl der medizinische Fachverkehr als auch der allgemeine Verkehr verstehe diesen Begriff - bezogen auf alle in Rede stehenden Dienstleistungen - als Gattungsbezeichnung. Der angegriffene Beschluss lässt jedoch nicht erkennen, auf welcher tatsächlichen Grundlage das Bundespatentgericht zu dieser Feststellung [der Verkehrsauffassung] gelangt ist.
Nach alledem kann nicht davon ausgegangen werden, die Widerspruchsmarke verfüge in allen relevanten Dienstleistungsbereichen lediglich über weit unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft.
Anmerkungen
Warum machen es sich die Gerichte, Ämter und Parteien so schwer? Maßgeblich dafür, ob verwechselt wird, ist die Verkehrsauffassung. Allg. Meinung.
Zu ihr führt der BGH normativ aus, auf welche Verkehrsauffassung es ankommt. Siehe bitte oben die hervorgehobenen Sätze. Fachbegriff für diese Ausführungen des BGH zu den relevanten Verkehrskreisen ist nach der vom Verf. entwickelten und noch nirgends bestrittenen Gliederung: Definitionsphase. In der Durchführungsphase wird der nach der Definitionsphase rechtserhebliche Sachverhalt ermittelt. Es muss dann nur noch der ermittelte Sachverhalt analysiert (Analysephase), entschieden und bekannt gemacht werden (Entscheidungsphase und Bekanntmachungsphase). Der EuGH und der BGH erkennen an, dass repräsentative Umfragen für die Durchführungsphase das beste Beweismittel sind. Die Umfragen sind heute öfters weniger aufwändig als die umfangreichen Hilfsüberlegungen des BGH, - so wie sie der BGH in diesem Beschluss vom 14.2.2019 angestellt hat. Durch die digitalen Entwicklungen wird die Feststellung des nach der Definition erheblichen Sachverhalts noch erheblich einfacher und kostengünstig.