Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Juli 2019, 1 BvR 1257/19, am 15.8.2019 veröffentlicht.
Der Fall
Der Beschwerdeführer organisierte am 11. Februar 2017 eine Demonstrationsveranstaltung auf einer Brücke, an der vier weitere Aktivisten der sog. Anti-Atom-Bewegung mitwirkten. Im Rahmen der Veranstaltung seilten sich zwei Personen unter Zuhilfenahme eigens mitgebrachter Kletterausrüstung von der Brücke ab und spannten ein schwarzes, beschriftetes Banner auf, wobei sie vom Beschwerdeführer [dem faktischen Leiter] unterstützt wurden und dessen per Funk gegebenen Anweisungen folgten. Nach Aufforderung durch den Beschwerdeführer rollten beide Kletterer das Banner unverzüglich ein und seilten sich auf. Die teilnehmenden Personen waren aus verschiedenen Orten angereist, hatten das Banner und die Kletterausrüstung bereits mitgeführt und die Presse vorab von der Veranstaltung informiert, eine Anmeldung der Versammlung aber unterlassen. Das Amtsgericht verurteilte den Beschwerdeführer wegen der Durchführung einer nicht angemeldeten Versammlung (§ 26 Nr. 2 VersammlG), sprach eine Verwarnung mit Strafvorbehalt in Höhe einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen aus und erlegte dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens auf.
Begründung
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Anforderungen des strafrechtlichen Analogieverbotes (Art. 103 Abs. 2 GG) und des Schuldprinzips (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ebenso geklärt wie die grundsätzliche Vereinbarkeit des § 26 Nr. 2 in Verbindung mit § 14 VersammlG mit Art. 8 Abs. 1 GG.
1. Die Entscheidung des Amtsgerichts und des Oberlandesgerichts, auch den „faktischen Leiter“ einer nicht angemeldeten Versammlung als tauglichen Täter nach § 26 Nr. 2 VersammlG anzusehen, verstößt nicht gegen das strafrechtliche Analogieverbot (Art. 103 Abs. 2 GG). ...
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