BGH, Urteil vom 14. Mai 2019 - VI ZR 393/18, heute, 27.6. 2019, bekannt gegeben.

Leitsatz:
Besteht ein Widerspruch zwischen den Äußerungen verschiedener Sachverständiger, ist der Tatrichter zur Aufklärung des Widerspruchs auch dann verpflichtet, wenn es dabei um Privatgutachten geht.
Anmerkung:
Insbesondere auch für Marken- und Wettbewerbsrechtler haben wir schon oft an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass repräsentative Umfragen als Beweismittel anerkannt sind, - so etwa vom BGH, vom EuGH und von Ämtern. Nicht allen ist beispielsweise die folgende Feststellung des Harmonisierungsamts bekannt: „besonders wertvolles Beweismittel”. Jeder Jurist weiß aus eigener Erfahrung, dass insbesondere oft seine Ansicht und die seines Mandanten zur Verkehrsauffassung von der des Gerichts abweichen. Die Verkehrsauffassung ist wohl das am häufigsten anwendbare Kriterium über alle Rechtsgebiete und alle Länder hinweg betrachtet. Dieses (zum bürgerlichen Recht ergangene, jedoch) allgemein anwendbare BGH-Urteil kann Rechtsuchenden häufig umfassend helfen.
Zahlreiche Hinweise zur Problematik finden Sie links in der Suchfunktion mit Suchwörtern wie: Verkehrsauffassung, richterlicher Dezisionismus, Durchschnittsverbraucher, Umfragen.
Ein anschauliches Beispiel aus der Praxis für unterschiedliche Auffassungen zur Auffassung des Verkehrs:
In erster Instanz hatte das Landgericht München I angenommen, die Leser würden eine BUNTE-Seite als redaktionellen Text und nicht als Werbung auffassen. Eine zwischen den Instanzen durchgeführte repräsentative Umfrage für ein Privatgutachten ergab ganz im Gegenteil: 89 % aller und 92 % der BUNTE-Leser erkennen auf den ersten Blick, dass es sich um Werbung handelt. Die klagende Wettbewerbszentrale wünschte auf Anfrage des Gerichts, das zur Umfrage zweifelte, vom Gericht kein gerichtliches Gutachten einzuholen, Das OLG München wies deshalb die Klage der Wettbewerbszentrale ab. Fundstelle: AfP 1997, 931 ff. mit ausführlicher Anmerkung sowie – mit Fragebogen und Abbildung der beurteilten Seite – Schweizer, Die Entdeckung der pluralistischen Wirklichkeit, 3. Aufl., Seiten V bis XIII; vergriffen, jedoch über Google books nachlesbar.