Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.4.2019, Az. VI ZB 44/18:
Leitsätze, Hervorhebungen von uns:
a) Ein Rechtsanwalt muss allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, z.B. durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen, treffen. Durch konkrete Maßnahmen im Einzelfall muss sich der Rechtsanwalt allerdings nur dann vorbereiten, wenn er einen solchen konkreten Ausfall vorhersehen kann.
b) Ein Rechtsanwalt muss, wenn er unvorhergesehen erkrankt, nur das, aber auch alles zur Fristwahrung unternehmen, was ihm dann möglich und zu-mutbar ist. Die fristwahrenden Maßnahmen eines unvorhergesehen erkrankten Einzelanwalts ohne eigenes Personal können sich darin erschöpfen, die Vertretung, für die er zuvor im Rahmen der ihm obliegenden allgemeinen Vorkehrungen für Verhinderungsfälle Vorsorge zu treffen hatte, zu kontaktieren und um die Beantragung einer Fristverlängerung zu bitten.
Der Fall
Ein Rechtsanwalt war wegen einer akuten Lumboischialgie derart arbeitsunfähig gewesen, dass er nur noch unter starken Schmerzen und Einnahme von Schmerzmitteln täglich maximal zwei bis drei Stunden seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt hat nachgehen können. Er ist daher nicht in der Lage gewesen, sich sachgemäß in den Sach- und Rechtsstand der Berufungsangelegenheit einzuarbeiten und eine zweckmäßige Berufungsbegründung anzufertigen.
Der Prozessbevollmächtigte war Einzelanwalt und hat keine Bürokraft beschäftigt. So war er aufgrund seiner Erkrankung lediglich in der Lage gewesen, Post zu öffnen und zu sortieren.
Anmerkung: Dieser Fall bildet ein Musterbeispiel dafür, dass der Rechtsanwalt in der Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages unter Umständen nicht nur gezielt auf das Schadensereignis selbst eingehen muss, sondern auch auf die zuvor zu treffenden Maßnahmen; hier die Absicherung für den Fall der Abwesenheit.
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