Da staunen Eigentümer, Verpächter sowie Pächter und Urheber können sich freuen: Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. Februar 2019 - I ZR 15/18. Der BGH hat gestern mehrmals mit gleicher Begründung entschieden.

Ein Fall, wie ihn der BGH schildert (Hervorhebungen von uns):
Die Kläger sind bildende Künstler. Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 war, betrieb in von ihr gepachteten Räumen im Keller eines Hauses eine Minigolf-Anlage. Die Kläger gestalteten diese Räume mit Farben, die unter Schwarzlicht leuchteten, einer Brunneninstallation im Eingangsbereich sowie einer Sterninstallation.
Die Minigolfanlage wurde im Juli 2010 eröffnet und Ende 2011/Anfang 2012 umgestaltet, wobei die Installationen entfernt und zerstört wurden. Das Landgericht hat die von den Klägern erhobene Klage auf Schmerzensgeld wegen der Entfernung und Zerstörung der Installationen abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Kläger ist ohne Erfolg geblieben.
Der Bundesgerichtshof hat das angegriffene Urteil auf die Revision der Kläger aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Kammergericht zurückverwiesen.
Begründung
Die Vernichtung eines urheberrechtlich geschützten Werks stellt eine "andere Beeinträchtigung" im Sinne des § 14 UrhG dar. Bei der Prüfung, ob die Vernichtung geeignet ist, die berechtigten persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden, ist eine umfassende Abwägung der Interessen des Urhebers und des Eigentümers des Werks vorzunehmen.
Diese hat das Kammergericht in der wiedereröffneten Berufungsinstanz nachzuholen. Sofern die Interessenabwägung zugunsten der Kläger ausgehen sollte, wird das Kammergericht weiter zu prüfen haben, ob es sich um eine schwerwiegende Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts handelt, die nicht durch andere Weise als durch eine Geldentschädigung ausgeglichen werden kann.
Anmerkungen
1.
Berichtet wird häufig auch über den am gleichen Tag genauso entschiedenen Fall Az. ZR 98/17. Bei ihm ist die von der Klägerin im Auftrag der Beklagten ab dem Jahr 2006 für den Athene-Trakt der Kunsthalle erschaffene multimediale und multidimensionale Rauminstallation „Hole (for Mannheim)" betroffen. Die Installation umfasste verschiedene Teile auf allen sieben Gebäudeebenen des Trakts, die durch Öffnungen in den Geschossdecken miteinander verbunden waren.
2.
§ 14 UWG legt fest:
Der Urheber hat das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden.
3.
Schon lange wird darüber gestritten, ob sich der urheberpersönlichkeitsrechtliche Entstellungsschutz nach § 14 UrhG auch auf eine Zerstörung des Werks erstreckt. Die vom BGH vertretene Ansicht wurde bislang nicht überwiegend vertreten. Es wurde angenommen, dass außerhalb des § 14 Lösungen gefunden werden sollen.
4.
Da der BGH eine umfassende Abwägung der Interessen verlangt, ist zu befürchten, dass in der Regel gestritten werden muss. Umso mehr müssen Rechtsanwälte vorab versuchen, Streitigkeiten vorher zu sehen und möglichst vor Auftragserteilung eine Lösung zu vereinbaren. Wer den künftigen Urheber vertritt, wird sich allerdings überlegen müssen, ob die Interessen seines Mandanten erfolgreicher durchgesetzt werden können, wenn der Auftrag schon erteilt und das Werk erstellt worden ist. Schön ist das wohl nicht. Aber eben nicht zu verhindern. Im entschiedenen Fall hat die Urheberseite vermutlich gut daran getan, erst später Ansprüche zu stellen.
5. So, wie das Urheberpersönlichkeitsrecht grundsätzlich unübertragbar ist, ist es - diese Ansicht wird vertreten - grundsätzlich unverzichtbar. Eine „Stufenleiter von Gestattungen” wird mehr oder weniger anerkannt.
6.
Strafrechtliche Folgen hat ein Verstoß gegen § 14 nicht.