Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 7. Februar 2019 - 6 AZR 75/18 -. Das Gebot fairen Verhandelns ist eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Sie wird [zum Beispiel] verletzt, wenn eine Seite eine psychische Drucksituation schafft, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert.

Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn eine krankheitsbedingte Schwäche bewusst ausgenutzt werden würde. Wer unfair behandelt, hat Schadensersatz zu leisten. Er muss den Zustand herstellen, der ohne die Pflichtverletzung bestünde (sog. Naturalrestitution, § 249 Abs. 1 BGB). Wer unfair behandelt wurde, ist so zu stellen, als wäre [im Beispiel] der Aufhebungsvertrag nicht geschlossen worden. Dies führt dann dazu, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht.
Anmerkung
1.
Da Rechtsgrundlage § 242 ist, also Treu und Glauben, ist das Urteil im Prinzip für alle Rechtsgebiete anwendbar, nicht nur im Arbeitsrecht.
2.
Der Fall, wie ihn das BAG berichtet:
Die Klägerin war bei der Beklagten als Reinigungskraft beschäftigt. Sie schloss in ihrer Wohnung mit dem Lebensgefährten der Beklagten einen Aufhebungsvertrag, der die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Zahlung einer Abfindung vorsieht. Anlass und Ablauf der Vertragsverhandlungen sind umstritten. Nach Darstellung der Klägerin war sie am Tag des Vertragsschlusses erkrankt. Sie hat den Aufhebungsvertrag wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung angefochten und hilfsweise widerrufen. Mit ihrer Klage wendet sie sich u.a. gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch den Aufhebungsvertrag.
Zwar sind auch Arbeitnehmer Verbraucher. Im Gesetzgebungsverfahren ist jedoch der Wille des Gesetzgebers deutlich geworden, arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nicht in den Anwendungsbereich der §§ 312 ff. BGB einzubeziehen. Aber, es muss auch geprüft werden, ob das Gebot fairen Verhandelns vor Abschluss des Aufhebungsvertrags beachtet wurde.