Bundesarbeitsgericht Urteile vom 20.11.2018 Az. 1 AZR 189/17 und 1 AZR 12/17.

Der Fall
Amazon betreibt in einem außerörtlich gelegenen Gewerbegebiet ein Versand- und Logistikzentrum. Zu dem von Amazon gepachteten Gelände gehören ein Betriebsgebäude, das über einen zentralen Eingang zugänglich ist, und ein ca. 28.000 qm großer Parkplatz für Mitarbeiter. Gestreikt wurde an zwei Tagen. Verdi baute an beiden Tagen auf dem Parkplatz vor dem Haupteingang Stehtische und Tonnen auf und postierte dort ihre Vertreter sowie streikende Arbeitnehmer. Flyer wurden verteilt und die zur Arbeit erscheinenden Arbeitnehmer zur Teilnahme am Streik aufgefordert. Am Zugang wurden die Arbeitnehmer psychisch nicht behindert.
Begründung
Das Streikrecht umfasst auch die Befugnis einer streikführenden Gewerkschaft, die zur Arbeitsniederlegung aufgerufenen Arbeitnehmer unmittelbar vor dem Betreten des Betriebes anzusprechen, um sie für die Teilnahme am Streik zu gewinnen. Eine solche Aktion kann - abhängig von den konkreten örtlichen Gegebenheiten - mangels anderer Mobilisierungsmöglichkeiten auch auf einem vom bestreikten Arbeitgeber vorgehaltenen Firmenparkplatz vor dem Betriebsgebäude zulässig sein. Im konkreten Fall ergibt die Abwägung widerstreitender grundrechtlicher Gewährleistungen auf Arbeitgeber- und Gewerkschaftsseite, dass die Arbeitgeberin eine kurzzeitige, situative Beeinträchtigung ihres Besitzes hinzunehmen hat. Angesichts der örtlichen Verhältnisse kann die Gewerkschaft nur auf dem Firmenparkplatz vor dem Haupteingang mit den zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmern kommunizieren und im Gespräch versuchen, auf Arbeitswillige einzuwirken.
Anmerkung
Das Urteil wurde noch nicht veröffentlicht. Bekannt ist nur eine Pressemitteilung des BAG. Aufgrund erheblich entgegenstehender Arbeitgeberrechte wie Haus- und Besitzrecht und der Rechtsprechung des BVerfG wird auch rechtlich dem Volltext noch größere Bedeutung zukommen als üblich.