Verwaltungsgericht Göttingen, Beschluss vom 29.8.2018, Az. 1 B 462/18.

Der Landkreis Göttingen musste von seiner Homepage einen Protestaufruf gegen den „Eichsfeldtag" der NPD entfernen. Dies hat das Verwaltungsgericht Göttingen mit Beschluss vom 29.08.2018 entschieden und einem Eilantrag des NPD-Kreisverbandes Eichsfeld stattgegeben. Der Protestaufruf verletze das staatliche Neutralitätsgebot gegenüber politischen Parteien (Az.: 1 B 462/18).
Der Fall
Aufgerufen wurde in einem interfraktionellen Beschluss: „Der Kreisausschuss ruft nach einem Beschluss in der letzten Sitzung die Einwohnerinnen und Einwohner des Landkreises Göttingen auf, sich an den Protestaktionen gegen den Eichsfeldtag der NPD am 01.09.2018 in Leinefelde zu beteiligen. Mit einem überparteilichen Antrag haben sich die Gruppe SPD/Die Grünen/FWLG, die Gruppe Die Linke/Piraten/Partei sowie die Fraktionen von CDU und FDP dazu geäußert: Leinefelde liegt keine 35 Kilometer Luftlinie und keine Stunde Fahrzeit von Göttingen entfernt. Mit Bedauern stellen wir fest, dass jetzt rechtsextreme Kreise wieder umfangreich mobilisieren und versuchen, diese rechtsextreme Veranstaltung als familienfreundliches Event zu tarnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass diese gewaltbereite rechtsextreme Szene wieder in unserer Region stärker Fuß fasst! Der Kreisausschuss des Landkreises Göttingen bittet daher seine Einwohnerinnen und Einwohner, das örtliche Bündnis bei den Protestaktionen gegen diese Veranstaltung zu unterstützen."
Begründung
Der Landkreis Göttingen ist für einen politischen Aufruf zu einem Sachverhalt, der nicht seinen Wirkungskreis betrifft, nicht zuständig. Zudem verstößt der Aufruf gegen das staatliche Neutralitätsgebot gegenüber politischen Parteien, das auch gegenüber der NPD gilt. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar festgestellt, dass die NPD freiheitlich demokratische Grundprinzipien missachtet. Solange ihre Verfassungswidrigkeit aber nicht festgestellt ist, darf die Verwaltung nicht einschreiten. Die NPD darf politisch bekämpft, aber in ihrer politischen Aktivität nicht behindert werden.
Anmerkung
Das Verwaltungsgericht wies gleich noch darauf hin, dass das Neutralitätsgebot die Mitglieder des Göttinger Kreisausschusses nicht darin beschränkt, sich außerhalb des öffentlichen Amtes gegen die NPD-Veranstaltung zu engagieren. Nicht extra erwähnt hat das Gericht, dass die Mitglieder des Kreisausschusses mit ihren Familien das „getarnte familienfreundliche Event”, von der Neutralitätspflicht aus gesehen, besuchen dürfen! :)